Friedhof Ohlsdorf. Tino Brandt war ein hohes Tier in der Thüringer Neonazi-Szene. Er baute auch den sogenannten Heimatschutz vor Ort auf, die militante Gruppe, in der das spätere Zwickauer Neonazi-Trio sozialisiert wurden. Sie sollen zehn Morde begangen haben. Und Tino Brandt hat nach eigenen Angaben als V-Mann des Verfassungsschutzes 200.000 DM zwischen 1994 und 2001 vom Landesamt erhalten haben – Geld, von dem kleine Beträge auch bei der Zwickauer Zelle gelandet sein sollen.

Tino Brandt ist nach dem Auffliegen der Zwickauer Zelle Sinnbild für das Versagen der Sicherheitsbehörden. Der Bremer Jurist Rolf Gössner gilt als einer der schärfsten Kritiker des Verfassungsschutzes in Deutschland. Er schrieb mehrere Bücher über Sicherheitspolitik. Und Gössner sagt: „So wie der Verfassungsschutz jetzt aufgebaut ist, schadet er mehr der Demokratie, als dass er sie schützt.“ An diesem Freitag hält Gössner auf dem Ohlsdorfer Friedensfest einen Vortrag. Vor allem das System der V-Leute zweifelt er stark an. Gössner studierte geheime Berichte, sprach mit Szene-Kennern und Beamten. „Die Verstrickungen zwischen Verfassungsschutz mit der Neonazi-Szene sind skandalös.“ Weil Gössner Linksextremisten unterstützt haben soll, wurde er selbst 38 Jahre lang vom Verfassungsschutz beobachtet. Zu Unrecht, wie ein Gericht urteilte. Auch davon erzählt er in Ohlsdorf.

„Neonazis im Dienst des Staates“ Vortrag, Fr 2.8., 18.00, Friedhof Ohlsdorf, Bombenopfer-Mahnmal (S Ohlsdorf), Mittelallee, Eintritt frei