Die Berliner wollen das führende digitale Medienunternehmen werden und verkaufen Titel an Funke. Mahnende Stimmen kommen aus der Hamburger Politik.

Die Entscheidung der Axel Springer AG, ihre Regionalzeitungen sowie Programm- und Frauenzeitschriften zu verkaufen, ist in Hamburg auf ein lebhaftes Echo gestoßen. Neben der „Berliner Morgenpost“ wechseln auch das Hamburger Abendblatt und die „Bergedorfer Zeitung“ den Besitzer. Bürgermeister Olaf Scholz bezeichnete die Entscheidung als „Einschnitt“ für die Hansestadt. „Was sich dem Medienunternehmen als konsequenter Schritt in einer sich digitalisierenden Medienwelt darstellt, bedeutet für Hamburg zunächst einmal das Ende einer seit 65 Jahren andauernden gemeinsamen Wegstrecke“, sagte der SPD-Politiker. „Das bedauere ich, auch weil ich davon überzeugt bin, dass der Print-Journalismus eine gute Zukunft vor sich hat. Ungeachtet dessen gehe ich heute davon aus, dass der Axel Springer Verlag mit seinem veränderten Portfolio auch künftig ein wichtiges Medienunternehmen in der Stadt bleiben wird.“ Scholz mahnte: „Weder das Abendblatt selbst noch seine Mitarbeiter dürfen durch den Verkauf Nachteile erleiden, wenn guter und profitabler Regionalzeitungsjournalismus auch hier in Hamburg eine Zukunft haben soll.“ Der SPD-Politiker forderte, den Verlagsstandort zu erhalten.

Die FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding sprach von einem „tiefen Einschnitt“. „Hamburger Abendblatt oder die ,Hörzu‘ und der Name Axel Springer sind in Hamburg über Jahrzehnte nicht ohne Stolz in einem Atemzug genannt worden. Das ist nun vorbei. Viele Menschen werden Zeit brauchen, um das zu verarbeiten.“ Man setze darauf, dass die neuen Eigentümer die große Tradition und Verbundenheit des Hauses Springers und seiner Medien mit Hamburg achten.

Die Funke Mediengruppe betonte ihre Freude über den Kauf. „Gemeinsam mit den zu uns kommenden Kolleginnen und Kollegen bauen wir ein nationales Medienhaus auf. Print und Online, erfolgreiche Regionalzeitungen und erfolgreiche Magazine, journalistische Qualität und wirtschaftlicher Ertrag – dafür wird die Funke Mediengruppe stehen“, sagte Thomas Ziegler, Geschäftsführer der Mediengruppe. „Wir müssen unsere Kräfte bündeln – denn der Medienmarkt stellt uns vor anspruchsvolle Aufgaben. Deshalb freuen wir uns, dass wir mit der Axel Springer AG im Rahmen der Gemeinschaftsunternehmen für Vermarktung und Vertrieb eng zusammenarbeiten und ausgewählte Axel Springer-Printtitel mit unseren Aktivitäten zusammenführen werden. Für unser Haus eröffnen sich neue Perspektiven.“

Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender Axel Springer AG, sagte: „Die Entscheidung, uns von einigen der traditionsreichsten Marken des Hauses zu trennen, ist uns nicht leicht gefallen. Wir sind jedoch sicher, dass die Bündelung in der Funke Mediengruppe, die sich im Kern auf regionalen Print- und Online-Journalismus sowie Magazine konzentrieren will, für eine langfristige Perspektive der Marken und deren Mitarbeiter das Beste ist.“

Walter Scheuerl, der für die CDU in der Bürgerschaft sitzt, sprach von einer „tiefen Zäsur für den Hamburger Qualitätsjournalismus“. Erst im Mai 2013 gewann das Abendblatt zum zweiten Mal den Deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, der in Fachkreisen auch gerne als „Oscar der Zeitungsbranche“ gefeiert wird.“ Entscheidend sei „die tiefe Verbundenheit der Redaktion mit Hamburg und der in den Redaktionen des Abendblattes gepflegte Qualitätsjournalismus, bei dem – anders als in vielen Medien – echte Recherche noch immer den Anfang einer Berichterstattung bildet und als höchstes Gut des Journalismus gehandelt wird“. Scheuerl betonte, die Funke Mediengruppe müsse der Redaktion die Freiheit und journalistische Unabhängigkeit lassen, „auf die eine angesehene und allseits zu Recht geschätzte Zeitung wie das Hamburger Abendblatt angewiesen ist“.

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan sprach von einem „schweren Schlag“ für den Medienstandort Hamburg. „Das Abendblatt ist mit seiner Strategie der Regionalisierung schon große Schritte gegangen, um als Printmedium zukunftsfähig zu bleiben. Für den weiteren Erfolg der Traditionsmarke ,Abendblatt‘ braucht es motivierte Mitarbeiter, die zu angemessenen Konditionen arbeiten. Weder im Tageszeitungs- noch im Zeitschriftenjournalismus kann die Krisentherapie allein aus Kostensenkungen bestehen.“ Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Andreas Dressel: „Das Abendblatt ist aus Hamburg nicht wegzudenken, es ist mit Blick auf seine regionale Berichterstattung ein Schatz für diese Stadt. Deshalb hoffe und erwarte ich, gerade auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass die Funke Mediengruppe entsprechend verantwortungsvoll mit diesem Schatz umgeht."

Das Zeitungs- und Zeitschriftenpaket soll mit Wirkung zum 1. Januar 2014 verkauft werden. Vom Kaufpreis in Höhe von 920 Millionen Euro werden beim Vollzug des Geschäfts 660 Millionen Euro fällig. Spätestens ist diese Summe am 30. Juni 2014 zu zahlen. Das restliche Geld wird Springer der Funke Mediengruppe als Darlehen mit mehrjähriger Laufzeit gewähren.