Sechs Städte wollen bundesweit zum 300. Geburtstag des Komponisten Carl Philipp Emanuel Bach gratulieren

Hamburg. Erwähnt man heute den Komponistennamen Bach, wird sofort und meist nur an Johann Sebastian gedacht. Im späten 18. Jahrhundert sah das ganz anders aus. Damals wurde einer seiner Söhne als „Originalgenie“ bewundert. Von Mozart, ebenfalls kein Kleinmeister, ist dieser Lobgesang überliefert: „Er ist der Vater, wir sind die Buben. Wer von uns was Rechtes kann, hat von ihm gelernt.“ Auch Haydn räumte respektvoll ein: „Wer mich kennt, der muss finden, dass ich dem Emanuel Bach sehr vieles verdanke.“

Carl Philipp Emanuel, in Weimar geboren, war ein Stilbildner, ein Meister vor allem der kleineren Formate, der – durchaus radikal für seine Zeit – forderte, „wahrhafte Meisterstücke müssen sich durch das Schöne, das Gewagte, das Neue“ auszeichnen. Aus heutiger Sicht jedoch hatte er das Pech, eine Zwischengröße zu sein. Nicht mehr so ganz Barock, noch nicht vollständig in der Klassik angekommen, war vieles aus seiner Feder.

Einen wichtigen Teil seiner Karriere machte er am Hof von Friedrich dem Großen; ihren durchaus krönenden Abschluss jedoch fand sie – in Hamburg. Hier wurde er 1768 zum Nachfolger des legendären Georg Philipp Telemann, seines Patenonkels, zum städtischen Musikdirektor berufen, war populär und gut im Geschäft. Hier starb der „Hamburger Bach“ 1788. Hier liegt er begraben, in der Krypta der Hamburger Hauptkirche St. Michael.

Die Betonung liegt auf dem Bündeln vorhandener Aktivitäten

Nach Wagner, Verdi und Britten in diesem Jahr wird CPE Bach – neben Richard Strauss – einer der Jubilare des Musiklebens im Jahr 2014 sein. Gefeiert und gewürdigt wird er in den sechs Städten Weimar, Leipzig, Berlin, Potsdam, Frankfurt/Oder und eben Hamburg, die seine Lebensstationen waren. Unter Federführung der hiesigen Kulturbehörde hat sich ein kleines Netzwerk gebildet, um in diesen Orten zu gratulieren. Geplant sind bislang etwa 150 Veranstaltungen, davon rund 40 in Hamburg. Die Betonung dabei liegt jedoch auf dem Bündeln vorhandener Aktivitäten, nicht auf der Organisation spezieller Konzerte.

Eine Internetseite soll informieren und Termine bewerben, man plant auch überregionale Marketing-Aktivitäten, bebildert mit einem fluffig-bunten CPE-Bach-Porträt und dem bei 007 entliehenen Spruch „Gestatten, Bach! Carl Philipp Emanuel Bach“ über die jeweiligen Stadtgrenzen hinaus. Musikwissenschaftler werden sich theoretisch beschäftigen. Schon schön, das alles. Aber schön genug ist es, wie es wenig rühmliche Tradition ist bei der lokalen Würdigung Hamburger Komponisten, noch nicht. Auch so liebenswert spinnerte Ideen wie die einer CPE-Bach-Tour auf der Partybarkasse MS „Hedi“ durch den Hamburger Hafen oder das Geburtstagskonzert, pünktlich am 8. März im Michel, oder ein einsam dastehendes Hammerklavier-Konzert von Kristian Bezuidenhout im Sortiment der Laeiszhalle zwei Tage später sind weit von einer umfassenden oder angemessenen Betrachtung und Bewertung entfernt. Für viel mehr fehlte, auch keine wirkliche Neuigkeit in der hiesigen Kulturlandschaft, das Geld.

Insgesamt 200.000 Euro, finanziert aus der Kulturtaxe, nimmt die Kulturbehörde zum Ausgeben für diesen guten Zweck in die Hand, für eine kleine Ausstellung mit Dokumenten aus der Staatsbibliothek, Werbemaßnahmen, Flyer, dies, das und jenes. Ein amtliches Festival, das diesen Namen verdient hätte, wird es allerdings nicht geben, in den Konzert-Planungen der drei großen Orchester findet man Werke von CPE Bach bislang nur in Spurenelementen. Hätte die vorelbphilharmonische Musikstadt Hamburg ein historisch spezialisiertes Ensemble, gäbe es in dieser Hinsicht Hoffnung auf mehr. Hat sie aber nicht.

Aus dem Bereich des kulturpolitischen Konjunktivs heraus bewegt sich zumindest ein anderer Aspekt der Hamburger Musikgeschichte. Denn als posthumes Geburtstagspräsent für CPE Bach wird eine weitere Adresse auf der Peterstraße als Baustein des geplanten „Komponistenquartiers“ eingerichtet werden. Brahms und Telemann, deren Andenken von Ehrenamtlichen gepflegt werden, bekommen den Kollegen CPE als Nachbar. Mahler und Mendelssohn drehen, von mehr oder minder rührigen Komponistengesellschaften bewegt, weitere Runden in der Warteschleife, bis auch für sie Geld und Platz vorhanden sind.

Ein Trägerverein plant derzeit die Räumlichkeiten und die Präsentationen, die Carl-Toepfer-Stiftung unterstützt die gut gemeinten Würdigungen, die Kulturbehörde beteiligt sich mit 30.000 Euro jährlich für insgesamt ein knappes halbes Dutzend bedeutender Komponisten mit Lokalbezug. Auch wenn der direkte Vergleich zugegebenermaßen nicht ganz fair ist: Wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt entsteht ein Konzertsaal für derzeit knapp 800 Millionen Euro. Zwei Zahlen, die unmittelbar für sich sprechen. Aber nur bedingt für die Musikstadt Hamburg.

Weitere Infos ab 16. August unter www.cpebach.de