Hamburg. Der Wind raschelt in den Blättern, aus der Ferne ist ein Kinderlachen zu hören, ein paar weiße Wolken schmücken den Sommertag in Planten un Blomen. Ein paar sanfte Läufe auf dem Klavier erklingen. Mischa Schumann eröffnet mit seiner Band Schumannize den zweiten Tag der Jazz Open Hamburg. Doch das musikalische Idyll dauert nur eine halbe Stunde, dann muss der Pianist mit seiner Band gegen das Röhren Tausender von Motorrädern anspielen. Die Harleys knattern über den Gorch-Fock-Wall, Schumann bekommt zum Glück Verstärkung durch den Trompeter Benny Brown und den Saxofonisten Lutz Büchner, beide Mitglieder der NDR Bigband. Mit kraftvollem Modern Jazz bietet er den Kradfahrern Paroli.

Schumanns Band ist eine von zehn Formationen, die an diesem Wochenende bei den Jazz Open dabei sind. Offen ist das Festival in doppelter Hinsicht: Die vom Jazzbüro Hamburg in Kooperation mit dem NDR veranstaltete Konzertreihe kostet die Zuschauern keinen Eintritt, aber offen ist es auch für Jazzmusiker aller möglicher Couleur. In erster Linie zeigt es, was die Hamburger Jazzszene gegenwärtig zu bieten hat, aber immer wieder kommen auch Musiker aus anderen Städten und Ländern in den Musikpavillon von Planten un Blomen. In diesem Jahr ist es der Arrangeur und Bandleader Michael Gibbs. Er hat am Sonnabend die NDR Bigband geleitet und Glück mit dem Wetter gehabt, denn unmittelbar nach Ende des Auftritts begann es zu gießen.

Das Programm ist in diesem Jahr ähnlich vielfältig wie gewohnt, wobei der Schwerpunkt auf der Moderne inklusive des Free Jazz liegt. Ein gelungenes Beispiel für den radikalen Umgang mit Instrumenten und Tonmaterial liefert die aus Hamburger und Berliner Musikern bestehende Formation Young, Rich & Famous. Doch so ungewohnt viele Klänge sind, das Publikum verfolgt das radikale Spiel der vier Musiker mit großem Interesse und nimmt nicht etwa Reißaus, wie es dem freien Jazz oft unterstellt wird.

Nicht nur Experimente gibt es an diesem Wochenende zu hören, auch zwei frischgebackene Echo-Preisträger stehen auf dem Programmzettel des Festivals und verdeutlichen seine Qualität: Giovanni Weiss von dem aus Wilhelmsburg stammenden Gypsy-Jazz-Ensemble Django Deluxe hat gerade den Echo als bester Gitarrist bekommen und der Schlagzeuger Eric Schäfer, der die Trophäe als Mitglied des Trios (em) erhalten hat.