Der in Hamburg lebende Trompeter Matthias Höfs hat mit dem Ensemble German Brass die wunderbare CD “Celebrating Wagner“ eingespielt. Die CD wirft einen manchmal augenzwinkernden Blick auf Richard Wagner.

Hamburg. Matthias Höfs kennt das Gefühl gut. Der ehemalige Solo-Trompeter der Hamburger Philharmoniker, heute Professor für Trompete und Kammermusik an der Hochschule für Musik und Theater, weiß, dass irgendwann nach der 100. Oper im Orchestergraben jeder gute Blechbläser muksch wird und auch mal anders möchte: nicht nur die perfekte Pflicht spielen, nach langen Pausen für ein paar Takte die aller exponiertesten Stellen. Sondern endlich die Kür: die schönen Melodien, in denen die Geigen ständig schwelgen. Oder die Celli, die Oboen, die Klarinetten, die Flöten. Das juckt gewaltig in den Fingern.

Wenn sich dann zehn Blechbläser aus Deutschlands Spitzenorchestern mit dem festen Vorsatz zusammentun, die Schönheiten der restlichen Partitur für sich zu erobern, kann das – wie die neue Wagner-CD „Celebrating Wagner“ von German Brass beweist – zu verblüffenden Klangeindrücken führen. Dann eilen im „Spinnerlied“ aus dem „Fliegenden Holländer“ die Streicher-Sextolen locker-elegant dahin, gespielt auf der Trompete. Der „Einzug der Gäste auf der Wartburg“ aus „Tannhäuser“ war immer schon blechschmetternd angelegt, bei der „Verwandlungsmusik“ aus „Parsifal“ klingen Trompeten, Hörner, Posaunen und Tuba wie eine gewaltige Orgel. Beim „Zug zum Münster“ aus „Lohengrin“ denkt man, dass die Klarinette Wagners für die hohe Bläserpartie nur eine Notlösung war, kann es doch von Höfs’ engelgleicher Sopranino-Trompete gespielt werden; beim Walkürenritt fragt sich das Blech in seinem Klangrausch schon seit der Uraufführung, ob da überhaupt ndere Instrumente mitspielen. Hier ist die Antwort: Sie müssen nicht. Und am Ende der CD lässt eine Klavierpolonaise aus der Jugend des Komponisten das Ensemble wie eine muntere Blaskapelle klingen.

„Celebrating Wagner“ wirft einen anderen, manchmal augenzwinkernden Blick auf Richard Wagner, den Großjubilar dieses Jahres mit seinem 200. Geburtstag. Eine Freundin, wagnerschem Pomp ziemlich grundsätzlich abhold, meinte nach Anhören der CD milde gestimmt, dass an der Musik des Meisters vielleicht doch etwas dran sein könnte.

Dafür gesorgt hat Matthias Höfs, der für alle Arrangements des Ensembles verantwortlich zeichnet. Höfs, Jahrgang 1965, hat früh begonnen, Trompete zu spielen – „als kleiner Knirps im Blasorchester des TuS Lübeck“. Das Instrument seiner Wahl. „Die hat mich einfach mehr angeglänzt als die Klarinette.“ Er lernte erst spielen und später Noten lesen. Bekam Unterricht, spielte im Jugendsinfonieorchester, half im Städtischen Orchester Lübeck aus, kam zum Bundesjugendorchester. Sein erster Bühnen-Auftritt an der Oper: die Königstrompeten (die natürlich auch auf der Wagner-CD nicht fehlen) in „Lohengrin“, da war er 13. Und längst war ihm klar: Das möchtest du mal beruflich machen. „Der Fehler heute ist, dass man die Kinder viel zu spät zu einem Instrument führt.“

Neben dem großen Orchester spielte er schon in Lübeck in einem Bläserquintett mit, Kammermusik reizt ihn. Und noch in seinem Probejahr an der Hamburger Oper kam der Anruf von German Brass – seither ist er dabei. An die 50 Konzerte pro Jahr kommen da zusammen. „Das war mein Traum, in so einem Ensemble zu spielen.“ Bald war er auch als Arrangeur gefragt. „Wenn man weiß, was jeder besonders gut kann, schreibt man das so in die Noten. Es ist ein besonderes Glücksgefühl, weil es gleich funktioniert, weil jeder das auf dem Pult liegen hat, womit er sich glücklich fühlen kann.“

Seine Arrangements für German Brass, ob nach Vorlagen von Bach, Duke Ellington oder eben Wagner, entstehen zwischen Keyboard, Schreibtisch und Computer mit Noten-Schreibprogramm, später bringen auch die Kollegen Vorschläge ein. Ihm geht es um die vielen Details, die im vollen Orchester oft untergehen. „Beim Arrangieren schaut man richtig tief ins Uhrwerk der Musik.“ Höfs reizt das komplette Blech-Spektrum aus: von hohen Sopranino-Trompeten bis zur Kontrabassposaune. „Das ist ein unglaublich reicher Tuschkasten, den ich da zur Verfügung habe, besonders wenn die Kollegen flexibel in einem Stück zwischen verschiedenen Instrumenten und unterschiedlichen Dämpfern wechseln.“ Manchmal bedient sich Höfs bei einem anderen Arrangeur: bei Wagner-Freund Liszt, der etliches aus dessen Partituren fürs extrem virtuose Klavier umarbeitete.

So wird „Celebrating Wagner“ eine feine musikalische Huldigung. Manchmal amüsant, manchmal tiefgründig, immer kurzweilig. „Bei Wagners Opern ist es ja nur den Hardcore-Fans vergönnt, die Ausdauer zu entwickeln, solche Vier-, Fünf-Stunden-Schinken auf einem Platz durchzuhalten. Wir haben für unsere CD abgeschlossene Stücke gefunden, die die ganze Palette zeigen, die in Wagner steckt – von majestätisch und bombastisch bis zu hochvirtuos.“ Wagner-Wahn für Einsteiger und Kenner. Nicht nur einmal erzeugt so viel blechselige Spielfreude Gänsehaut.

Und, liebes Rest-Orchester, da müsst ihr jetzt mal ganz tapfer sein: Bei diesen wunderbaren Wagner-Pralinés vermisst man euch überhaupt nicht – zumindest für die Dauer dieser CD.

German Brass: Celebrating Wagner CD Berlin Classics