Der Choreograf Jecko Siompo eröffnet an diesem Mittwoch mit „In Front of Papua“ das Live-Art-Festival auf Kampnagel mit einem animalischen Schwerpunkt

Hamburg. Mal robben die zehn Tänzerinnen und Tänzer wie eine Horde Äffchen vorwärts, mal krallen sie ihre Arme in einer Känguruhaltung zusammen, dann wieder hüpfen und quieken sie vogelartig und derart energetisch, dass es den Zuschauer unweigerlich an westlichen urbanen Hip-Hop erinnert. Doch dieser hier stammt direkt aus dem Dschungel Papuas.

Ausgedacht oder vielmehr der Natur abgeschaut hat ihn sich der papua-neuguineische Choreograf Jecko Siompo. Nach „Room Exit“ gastierte „We came from the East“ vor zwei Jahren auf Kampnagel. Nun probt er mit seiner Kompanie erneut in der großen Halle. Vom 5. bis 8. Juni zeigt Siompo „In Front of Papua“ beim diesjährigen Live-Art-Festival, das sich bis zum 15. Juni in zahlreichen Gastspielen von Choreografen und Performern sowie Installationen damit beschäftigt, das Verhältnis zwischen Mensch und Tier in Bezug auf Herrschaftsverhältnisse auszuloten: „Zoo 3000: Occupy Species“.

Für die einen ist es ein absolutes Tabu, für die anderen das Herzstück ihrer Kunst: tierische Bewegungen in einer Choreografie zu zeigen. Für Jecko Siompo ist es das natürlichste von der Welt. Er hat sogar einen eigenen Tanzstil kreiert, den „Animal Pop“. An die 1000 verschiedene Stämme gebe es in Indonesien, sagt Siompo. In T-Shirt, kurzer Hose, Sneakers und Mütze ginge er mühelos als US-Hip-Hopper durch. Nur die Goldkette fehlt. Ihm gehe es darum, in seiner Choreografie eine Linie vom Westen bis zum Osten Indonesiens zu ziehen. „Alle traditionellen Tänze ähneln einander“, sagt er. „Ich möchte das Verbindende zeigen“. Zum Tierischen kommt dabei zwingend ein Moment des Pop. „Der Zugang muss modern sein.“

Mit Pop kennt sich der 1975 in Papua geborene Jecko Siompo aus. Neben seinen eigenen Choreografien, die er nach dem Studium am Jakarta Art Institute entwickelte, war Siompo von 2005 bis 2007 Juror in der TV-Show „Let’s Dance“ und erlangte damit landesweite Popularität. Jungen Menschen eine Starthilfe zu geben bringe schon Spaß, sagt er. „Manchmal habe ich mich aber auch sehr gelangweilt. Da geht es ja nicht um künstlerischen, sondern um kommerziellen Tanz.“

Siompo ist dagegen ein mehrfach ausgezeichneter und international gefragter Choreograf, der seine Arbeiten auf Festivals von Asien bis Europa präsentiert. Die Idee zu „In Front of Papua“ hatte Siompo bereits 1988; 2005 brachte er die Produktion heraus, die stetig weiterentwickelt wird. Sie ist inhaltlich stärker in der ländlichen Tradition verwurzelt als im urbanen Dschungel wie „We came from the East“. Es geht um eine Region, die unglaubliche Reichtümer besitzt, von Bodenschätzen bis zur Tierwelt, und die auf dem Sprung nach vorne ist. Das Stück ist in einem Dorf angesiedelt, dessen Bewohner zwischen Bergen und Meer leben. Sie sitzen auf einer Brücke, spielen mit Kängurus, mit Vögeln, gehen angeln.

Immer sind es scheinbar triviale Ereignisse, die Siompo aufgreift. Archaische und traditionelle Bewegungen, die er aus dem Kontext herauslöst und zu gleichermaßen irritierenden wie begeisternden Körperbildern überhöht. Auf einmal leuchtet die Idee ein, dass der Hip-Hop, wie Jecko Siompo unermüdlich behauptet, vielleicht doch aus Papua stammt.

Jecko Siompo: „In Front of Papua“ 5. bis 8.6., jew. 20.00; Live Art Festival 5. bis 15. Juni, Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten T. 27 09 49 49; www.Kampnagel.de