Die Schwestern Bianca und Sierra Casady alias die Band CocoRosie kommen mit neuen Songs ins Uebel & Gefährlich. Der bevorstehende Armageddon klingt bei den Schwestern Casady fröhlich.

Uebel & Gefährlich. Schöner klang der Weltuntergang nie. Wenn CocoRosie „This is the end of time“ beschwören, möchte man zu dieser Apokalypse mittanzen. „Die Autos, die Kriege, die Einkaufszentren, ich lasse sie alle hier“, heißt es in „End Of Time“, „lasst uns alle umarmen und ‚Auf Wiedersehen‘ sagen.“ Der bevorstehende Armageddon klingt bei den Schwestern Casady fröhlich, doch die Themen ihrer Songs sind bitterer Ernst. CocoRosie sind trotz der manchmal naiv anmutenden Musik auch eine politische Band. In „End Of Time“ vom aktuellen Album „Tales Of A Grass Widow“ klingt deutliche Kritik am Zustand der Welt an. Zugleich ist es das zugänglichste Werk der Schwestern. „Es ist unser Dancealbum“, sagt Bianca, die jüngere der beiden. Die Fans von CocoRosie dürfen sich deshalb auf das Konzert der beiden im Uebel & Gefährlich besonders freuen. Bianca verspricht, dass bei der neuen Bühnenshow spektakuläre Lichtinstallationen zu sehen sein werden und das Publikum vor allem Tanzmusik zu hören bekommt – genau das Richtige für ein Konzert am Sonnabend.

Die Themen von „Tales Of A Grass Widow“, auf dem Berliner City-Slang-Label erschienen, passen eigentlich nicht auf eine sommerliche Popplatte. Die elf neuen Songs drehen sich um Isolation, Einsamkeit, Tod. In „After The Afterlife“ erinnert sich ein Toter an Ereignisse und Eindrücke aus seinem Leben, „Child Bride“ erzählt von einem einsamen Mädchen, das verheiratet werden soll, „Gravediggress“ ist der Dialog zwischen einer Totengräberin, hier von Sierra Casady gesungen, und einem Waisenkind. In dieser Rolle bittet Bianca mit ihrer hellen Kinderstimme, seine Liebe zu begraben, um sie so zu schützen und bis in alle Ewigkeit zu bewahren. Ein Harmonium besorgt zu Anfang des Songs die sakrale Atmosphäre, zum Ende steigert „Gravediggress“ sich zur Tanznummer.

„Tales Of A Grass Widow“ ist das fünfte Album von CocoRosie. Dass die beiden Schwestern überhaupt eine Pop-Combo gegründet haben, hätten die 34 und 31 Jahre alten Künstlerinnen sich als Teenager noch nicht träumen lassen. Mehr als zehn Jahre lang hatten sich die im US-Bundesstaat Iowa und auf Hawaii geborenen Casadys nicht gesehen. Als 14-Jährige kam Sierra auf ein Internat und zog dann im Jahr 2000 nach Paris. Drei Jahre später wurde sie dort von ihrer kleinen Schwester besucht, die gerade auf Weltreise war. Bianca blieb ebenfalls in der französischen Hauptstadt hängen, hier gründeten die beiden ihre Band und nahmen dort auch das erste Album „La Maison de Mon Rêve“ auf. Paris ist inzwischen zum festen Domizil der beiden Amerikanerinnen geworden.

Es scheint ein guter Ort mitten in Europa zu sein, denn von hier aus starten die hyperaktiven Schwestern eine ganze Reihe weiterer Projekte neben CocoRosie. Gerade haben sie für den Theaterregisseur Robert Wilson („The Black Rider“) die Musik für seine „Peter Pan“-Inszenierung geschrieben, die im April am Berliner Ensemble Premiere hatte. Auf Kampnagel feierten sie im vergangenen Jahr große Erfolge mit dem Tanztheaterstück „Nightshift“ und der Pop-Oper „Soul Life“. Im selben Jahr kuratierten sie einen Tag beim Donaufestival in Krems. Bianca hat ihre Bilder und Multimedia-Installationen in verschiedenen Ausstellungen gezeigt, außerdem geht sie mit ihren Texten auf Lesereisen. Die ausgebildete Opernsängerin Sierra war an Musikprojekten in der Oper von Sydney, mit dem Amsterdamer Symphonieorchester und am Meltdown Festival in London beteiligt, das Antony Hegarty kuratiert hat. Der New Yorker Sänger mit dem einzigartigen Falsett ist auf „Tales Of The Grass Widow“ bei zwei Kompositionen als Gast dabei.

Mit Hegarty und ein paar anderen Künstlern haben die überzeugten Feministinnen die Gruppe „Future Feminists“ gegründet. Mit ihr wollen sie die Gesellschaft und den Planeten Erde vor den zerstörerischen Auswirkungen des Patriarchats befreien. „Ich will keine Päpste und Präsidenten und Feldherren mehr sehen“, sagt Bianca Casady. „Die Erde ist unsere Mutter, sie müssen wir schützen.“

CocoRosie Sa 25.5., 21.00, Uebel & Gefährlich (U Feldstraße), Feldstraße 66, Karten zu 28,20; Internet: www.cocorosiemusic.com