Die Millerntor Gallery auf St.Pauli ist die einzige Galerie in einem Fußballstadion. Morgen eröffnet eine neue Schau

Millerntor-Stadion. Selbst wer nicht oder nicht ständig ins Stadion des FC St. Pauli pilgert, aber mit offenen Augen hinter der Südtribüne vorbeigeht, dem dürfte schon mal die bemalte Seitenwand an der Treppe aufgefallen sein. Auf der hat sich der Hamburger Graffiti-Künstler Rebelzer verewigt. Ganz legal. Sein Sprühwerk ist nur äußerliches Zeichen für das, was am Millerntor abgeht. Denn was die Affinität zur sozialen Kunst angeht, stimmt der oft strapazierte Begriff vom FC St.Pauli als „dem etwas anderen Verein“.

Schon seit 2011 beherbergt der Zweitligaclub mit der Millerntor Gallery die weltweit einzige dauerhafte Galerie in einem Fußballstadion. Zweimal bereits — stets am Rande des Reeperbahn-Festivals — eröffneten dort Ausstellungen mit Streetart, Fotografie, Malerei, Illustrationen und Installationen. Im vergangenen Jahr wurde sogar ein Werk Jonathan Meeses versteigert.

Damals eingeladen war auch ein gewisser Alex Diamond, der in den Katakomben der Haupttribüne eine große Holzskulptur präsentierte. Hinter dem Künstlernamen steckt Jörg Heikhaus. Er betreibt seit elf Jahren die Hamburger Galerie helliumcowboy artspace. Weil der gebürtige Kölner als Vertreter führender urbaner Gegenwartskunst weiß, wie Künstler mit ihren Arbeiten Grenzen überwinden können, zeichnet Heikhaus jetzt erstmals als künstlerischer Leiter für die dritte Schau der Millerntor Gallery verantwortlich.

2500 Quadratmeter Fläche stehen Heikhaus und Co. dafür zur Verfügung. „Wann kann ich als Galerist schon mal so große Ausstellungen machen?“, fragt er sich. Fast 50 nationale und internationale Künstler sind seiner Einladung gefolgt, die Wände in der Süd- und Haupttribüne zudem bereits neu und weiß gestrichen. Streetart-Künstler wie Julia Benz oder der Brite Maxi haben begonnen, darauf zu malen und zu sprühen. Die Südtribüne, bei St.-Pauli-Heimspielen Heimat der für kreative Choreografien und Gesänge bekannten Ultras, schien Heikhaus ideal für die bis zu sieben Meter breiten und vier Meter hohen Kunstwerke. In der Haupttribüne sind von Donnerstag bis zum Sonnabend indes auch Vertreter der jungen Gegenwartskunst zu sehen. Bilder von Henning Klees, Till Gerhard, und anderen sollen ein Querschnitt bieten.

Apropos: Bieten kann jeder Besucher. Wie 2012 sollen möglichst viele Werke für die Trinkwasser-Initiative Viva con Agua de Sankt Pauli e.V. verkauft werden. Die Erlöse fließen in Wasser- und Bildungsprojekte des Vereins. Im Vorjahr freute sich VcA-Gründer Benjamin Adrion bei 4000 Besuchern über mehr als 30.000 Euro. Sein früherer St.-Pauli-Mitspieler Marcel Eger, als „projektbezogener Edel-Assistent“ (VcA-Sprecher Christian Wiebe), und weitere Helfer tragen erneut zum Kunst- und Kulturgenuss bei. Dazu gehören auch musikalische Unterstützer wie Nico Suave, Le Fly mit seiner „St.Pauli Tanzmusik“ und die Irie Revolties aus Heidelberg, allesamt bei der Vernissage am Donnerstag zu hören. Der Sonnabend ist Familientag, ab 12 Uhr legt DJ Kekse auf, um 16 Uhr spielt die australische Rockband ME.

Angesichts von maximal 15 Grad sollten sich aber sowohl die Besucher der Katakomben als auch die Künstler warm anziehen. Das gilt vor allem für Zezao und Speto. Die beiden führenden Graffiti-Sprayer Brasiliens wollen schon an diesem Mittwoch anfangen, die Seitenwand an der Südtribüne neu zu gestalten. Ein für alle sichtbares Merkmal der aktuellen Ausstellung.

Millerntor Gallery Fr 24.5., 18.00—24.00 u. Sa 25.5., 12.00—24.00, Millerntor/Südtribüne (U St.Pauli), Heiligengeistfeld1, Eintr. 2,- + Spende/erm. 1,- (bis 16 J. frei)