Zwei Tage lang wurden auf der Musikerkonferenz von RockCity Zukunftsfragen erläutert

Hamburg. Alte Kassetten, die weiß und pink besprüht sind, hingen den Teilnehmern der Musikerkonferenz „Operation Ton“ als Namensschilder um den Hals. In der Ecke rotierte ein golden lackierter Plattenspieler samt kleiner Discokugel. Abgesehen davon, dass diese liebevollen Details das Westwerk mit coolem Charme aufluden, wiesen sie zudem den Weg, was bei der siebten Ausgabe dieser zweitägigen Denkfabrik verhandelt wurde. Es ging darum, wie sich Musik dieser Tage transportieren lässt. Wer Tonträger wie füllt. Und wie sich Kunst und Kommerz (sprich: die Miete zahlen können) verbinden lassen. Dass praktikable Lösungen – Retro-Trend hin oder her – in den seltensten Fällen ohne Internet funktionieren, das zeigte Ludwig Plath alias Touchy Mob eindrucksvoll.

Der Künstler war einer von gut 20 Experten, die am Wochenende in der Admiralitätstraße vor und mit knapp 100 Teilnehmern Zukunftsfragen der Musikbranche und -szene erörterten. Das allerdings keineswegs spröde, sondern – wie bei „Operation Ton“ in den vergangenen Jahren dankenswerter Weise üblich – in einem Mix aus Querdenkertum, Fachwissen, Praxisnähe und persönlicher Note.

Der Crowdfunding-Prozess, um eine Platte zu finanzieren, wurde zur Kunst

Der Berliner erklärte, wie er eine Vinylsingle, die er mit der Hamburger Musikerin Tellavision produziert hat, online über eine Crowdfunding-Plattform finanzierte. „Wie kommt man an Geld, ohne vor wenigen Leuten einen allzu großen Knicks zu machen, sondern vor vielen einen kleinen“, fasste er das Prinzip zusammen. Interessant war vor allem, dass sein aufwendig gezeichnetes Bewerbungsvideo für die Internetseite Startnext sowie die Belohnungen für die Spender (neben der Platte gab es unter anderem Katzensitting, Haareschneiden und bedruckte Turnbeutel) selbst ein Höchstmaß an Kreativität erforderten und somit der Prozess an sich wiederum zur Kunst wurde.

Bezeichnend für „Operation Ton“ ist, wie der Verein RockCity Hamburg geballte Kompetenz aus unterschiedlichen Bereichen zu einer Art Inspirationsrevue für Musiker zusammenbringt. Textdichter Frank Dostal etwa sprach mit dem New Yorker Autor Robert Levine über dessen Buch „Free Ride“, in dem er das Verhältnis von Kultur und kostenlosen Web-Inhalten erläutert.

Ihren Berufsstand vom Gestern ins Heute und Morgen zu überführen, das versuchten mehrere Musikmanager in einer Diskussionsrunde. Der Tenor: Auch wenn junge Bands heute viel selber machen können und müssen – von der Demo-Produktion bis zur Promotion über soziale Netzwerke – so bleibe doch die Aufgabe, das Besondere eines Künstlers zu erkennen und zu stärken. Oder, wie Philipp Poisels Manager Ralf Schroeter sagte: „Bei mir muss beim Hören missionarischer Eifer entstehen.“ Das ist dann doch ziemlich retro. Und somit äußerst zeitgemäß.