Das deutsche Charakterdrama “Das Wochenende“ mit Katja Riemann und Sebastian Koch nutzt seine Stärken nicht konsequent.

"Ihr seid nichts als linke Spießer, ich frag' mich, was wart ihr früher", singt die Punkband Slime in einem Lied, das gut zum spärlichen Soundtrack von Nina Grosses Roman-Adaption "Das Wochenende" gepasst hätte. Eine linke Spießerin, das ist Inga (Katja Riemann), die ihre Abende mit der Berliner Literaturelite verbringt und sich von Ehemann und Star-Konditor Ulrich (Tobias Moretti) laktosefrei verwöhnen lässt. Vor vielen Jahren bewegte sie sich im Umfeld der RAF.

Als Ingas Jugendliebe und der Vater ihres ersten Kindes, Ex-Terrorist Jens (Sebastian Koch), nach 18 Jahren aus der Haft entlassen wird, organisiert seine Schwester Tina (Barbara Auer) ein Feierwochenende im schicken Landhaus, und die dunkle Vergangenheit wird Gegenwart, als unterschiedliche Ideale, verdrängter Selbsthass und verborgene Schuld aller Anwesenden sich entladen und alte Fragen nur weitere neue verursachen.

Im Gegensatz zu Bernhard Schlinks Romanvorlage ist Nina Grosses Filminterpretation von "Das Wochenende" weniger Analyse des deutschen Herbstes und mehr emotionale Charakterstudie geworden. Die Rote Armee Fraktion ist Sinnbild des Unverarbeiteten, des Unterdrückten, des Traumatischen, das in vielerlei Form in vielen Familien und Beziehungen auftaucht. Lösungen kann und will Grosse dabei erst gar nicht anbieten, am Ende gibt es nur neue Möglichkeiten, besonders für die Hauptfigur Inga, die von Katja Riemann mit gelungener Biederkeit verkörpert wird.

Vielleicht ist das auch die Schwäche von "Das Wochenende", weil oft auf messerscharf verletzende Dialoge verzichtet und dafür glimmendes Zigarettenschweigen vor Traumlandschaften aus der Post-Produktion inszeniert wird. Das gute Ensemble läuft leider zu oft voreinander weg.

Bewertung: annehmbar

"Das Wochenende" D 2012, 93 Min., ab 12 J., R: Nina Grosse, D: Katja Riemann, Tobias Moretti, Sebastian Koch, Barbara Auer, täglich im Abaton, Holi, Koralle, Zeise; www.daswochenende.film.de