Dialogreihe “Bridging the Gap“ thematisiert Nahost und appelliert an den Westen, den arabischen Ländern beim Aufbau eines demokratischen, säkularen Systems zu helfen

Hamburg. Einen hochkarätig besetzten Nahost-Gipfel hatte Sonja Lahnstein-Kandel am Sonntagvormittag im Thalia Theater für die Dialogreihe "Bridging the Gap" zusammengestellt, als es um die Frage ging, ob sich der Arabische Frühling in einen eisigen Winter verwandelt hätte. Ob Freiheit und Frieden nicht in immer weitere Ferne gerückt sind. Das Thema der zweistündigen Diskussion, "Pulverfass Nahost - sind Frauen klüger?", die vom Verein zur Förderung des Israel-Museums und dem Thalia gefördert, von der Zeit-Stiftung unterstützt wird, drehte sich vor allem um die Rolle, die Frauen bei den Veränderungen in Richtung Demokratie einnehmen. Und um die Opfer, die sie erbringen müssen. Die deutschen Teilnehmerinnen Alice Schwarzer, Herausgeberin der Zeitschrift "Emma", und Claudia Roth, Parteichefin der Grünen, waren den gut 900 Zuschauern sicher bekannt. Die Nahost-Teilnehmerinnen Gihan Abou Zeid (Menschenrechtsaktivistin aus Kairo), Dr. Hanan Ashrawi (Professorin und ehemalige Sprecherin der palästinensischen Delegation im Nahost-Friedensprozess), Dr. Fania Oz-Salzberger (Professorin und Tochter des Friedenspreisträgers Amos Oz) und Rafif Jouejati (Sprecherin des Koordinierungskomitees der Oppositionsdemonstrationen in Syrien) überzeugten mit fesselnden Biografien, die ihren lebenslangen Einsatz für Selbstbestimmung und Demokratie dokumentierten.

Jouejati berichtete aus Syrien, dass ein Drittel der Bevölkerung derzeit auf der Flucht sei, dass 15 Millionen Menschen seit zwei Jahren keine Arbeit mehr gefunden hätten, dass sich die Radikalisierung leider immer mehr durchsetzen würde und dass man auch nicht mehr so genau unterscheiden könnte, wer für wessen Interessen kämpfen würde. "Unsere große Chance ist, dass Syrien ein reiches Mosaik an Kulturen und Religionen bietet. Aber ich fürchte, unser Land zerfällt gerade. Die Extremisten setzen sich durch. " An uns, den Westen, erging von allen Teilnehmerinnen die Aufforderung "von innen her die demokratischen Kräfte zu unterstützen". Claudia Roth berichtete vom unfassbaren Elend, das sie in den Flüchtlingslagern gesehen hätte. Leider würden die Gelder des Westens versickern, und die Menschen seien abhängig von der Hilfe der Radikalen, die Wasser und Brot verteilen. Ein schrecklicher Kreislauf.

Die Ägypterin Gihan Zeid fragte beispielsweise, warum die EU das ägyptische Bildungsministerium unterstützt, wenn dort Regeln verabschiedet werden, die Männern verbieten, Frauen die Haare zu schneiden. Auf keinen Fall sollten wir antidemokratische Kräfte wie Muslimbruder Mursi legitimieren, hieß es. Und Alice Schwarzer ergänzte, es habe wenig Sinn, "sich etwas vorzumachen. Der politische Islam ist überall, weil er organisiert ist." Hanan Ashrawi sagte: "Die Palästinenserinnen sind doppelt unterdrückt, von den Israelis und von den palästinensischen Männern, die immer von Befreiung, aber nie von der Menschenwürde der Frauen reden würden." Rafif Jouejati wusste: "Vergewaltigung wird in Syrien systematisch eingesetzt." Helfen würde nur Bildung. Für Männer und Frauen. Und Fania Oz ergänzte: "Frauen sind keine besseren Menschen. Aber oft sind sie näher dran am Leben und verstehen besser, was Krieg bedeutet."