Ein Kommentar von Kai-Hinrich Renner

Jahrzehntelang war "Spiegel"-Gründer Rudolf Augstein das Gesicht des Nachrichtenmagazins. Nach seinem Tod war es Stefan Aust. In den vergangenen fünf Jahren gab es ein solches Gesicht nicht. Dazu gebrach es den "Spiegel"-Chefs Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron an Charisma. Dabei stehen heute an der Spitze großer Titel Chefredakteure, die selbst Medienmarken sind - ob Giovanni di Lorenzo bei der "Zeit" oder Kai Diekmann bei "Bild". Rudolf Augsteins Stiefsohn Jakob könnte beim "Spiegel" diese Leerstelle füllen. Deshalb gilt er als Geheimfavorit für den Posten des Chefredakteurs.

Das Nachrichtenmagazin hat noch ganz andere Probleme: Bei der investigativen Recherche, einst das Markenzeichen des "Spiegels", hat ihm die "Süddeutsche Zeitung" den Rang abgelaufen. Unfreiwillig komische Titel wie der an den Film "Schtonk!" gemahnende Aufmacher über "Hitlers Uhr" machten das Blatt zur Lachnummer. Die Auflage verfällt. Print und Online wurschteln nebeneinander her. Eine zukunftsweisende Digitalstrategie ist nicht erkennbar. Könnte Jakob Augstein, dem nachgesagt wird, bei der von ihm verlegten Wochenzeitung "Der Freitag" die Mühen der Ebene zu scheuen, diese Probleme lösen? Wohl nur mit sehr starken Stellvertretern. Aber wer könnte es besser? Die Probleme des "Spiegels" zu lösen ist alles andere als eine triviale Aufgabe.