Die platinblonde Ponyfrisur ist noch immer dieselbe wie an jenem Juliabend vor 28 Jahren, als Heidi Reichert, 69, zusammen mit ihrem Mann Dieter den Jazzclub Birdland in Eimsbüttel erstmals für Freunde und geladene Gäste öffnete. Und das Haar sitzt auch immer noch genauso tadellos auf dem Kopf, als sei's der Helm einer zart gebauten Amazone. Wer Heidi Reichert reden hört, der ahnt, dass sie tatsächlich eine sieggewohnte Streiterin sein muss. Denn die gelernte Anwältin spricht ihre geschliffenen Sätze ungefähr dreimal so schnell, wie andere die ihren denken.

Die im Sudentenland geborene Juristin arbeitete bis vor einigen Jahren in einer Sozietät am Neuen Wall. Ihre Liebe gehörte immer Mann und Söhnen, damit eng verbunden dem Jazz - und der Malerei. Die Wände des Clubs, der nun zum 30. Juni schließen wird, hat Heidi Reichert mit ihren Porträts von Jazzmusikern dekoriert. "Alles 50 mal 70, das ist so mein Format", erzählt sie.

Gezeichnet wird mit Kohle, die sie dann abtupft und mit in Acrylfarbe getunktem Pinsel wild bunt übermalt. "Dass die Farbe so schnell trocknet, kommt mir sehr entgegen." Heute bringt die Tempomalerin in ihrem Atelier in der Wohnung lieber Tiere als Jazzer auf den Zeichenkarton. Und freut sich auf mehr Freizeit nach dem Ende des Birdland: Reisen will sie mit ihrem Mann. Nicht weit, bloß nach Kroatien. Oder in die Berge.