Kein Beifall von Joachim Mischke

Am 1. Februar kam Horváths "Kasimir und Karoline" im Theater Winterthur auf 61,3 Prozent, einen Abend später aber auf 63,8 Prozent. Mozarts "Così fan tutte" brachte dort am 7. Februar 85,9 Prozent, aber zwei Tage später nur noch 64,3 Prozent. Es geht aber nicht, was noch halbwegs normal wäre, um Auslastungszahlen. Die Leitung des Gastspielhauses hat sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen, um sich in der gesamten Theaterszene (und erst recht bei Rezensenten) freiwillig zum Deppen zu machen: den Applauskoeffizienten.

Kein Witz. Leider. Aber selbst wenn, wäre er auch nur ein lausiger.

Nach jeder Vorstellung wird dort sowohl die Länge als auch die Lautstärke des Applauses gemessen und mit der jeweiligen Besucherzahl gegengerechnet. Das Ergebnis dieser Idiotie - auf die noch nicht einmal die übelsten Unternehmensberater-Knechte kamen, die Lokalpolitiker so gern zur Kostensenkung auf Kulturschaffende hetzen - wird dann aber nicht verächtlich weggeworfen, weil es überhaupt nichts über die Qualität der Aufführungen aussagt. Es wird auf der Internetseite des Theaters veröffentlicht. "Wir wollen zeigen, dass wir an den Geschmack der Zuschauer glauben", lautet die Begründung des Kaufmännischen Direktors. Schön für ihn. Andere glauben an den Weihnachtsmann und den Osterhasen, dass Veronica Ferres eine bedeutende Schauspielerin ist oder dass der Klapperstorch die Kinder bringt. Aber all das hat mit einer sinnvollen Debatte über die Bedeutung und die Güte eines Theaters genauso wenig zu tun wie diese Prozentzahlen.