Werner Fritz Zganiacz illustriert die Stadtgeschichte freundlich-satirisch

Hamburg. Benedikt V. ist nicht aus freien Stücken zurückgetreten. Der Papst hatte im Machtkampf mit Kaiser Otto I. den Kürzeren gezogen, war abgesetzt und in die tiefste Provinz verbannt worden. Wie er ausgesehen hat, als er im Jahr 965 in Hamburg eintraf, wissen wir natürlich nicht. Das unwirtliche Hamburg dürfte der gebürtige Römer als Höchststrafe empfunden haben. "Bei euch Hyperboreern kann kein italisch Herz warm werden", soll er gesagt haben. Er überlebte auch nur ein paar Monate. Werner Fritz Zganiacz hat ihn in freundlich-satirischer Manier als traurige Gestalt porträtiert, mit abstehendem Ohr, halb ängstlichem, halb resigniertem Blick - und damit die Situation der historischen Persönlichkeit ganz gut erfasst. Auch zahlreiche andere Protagonisten der Stadtgeschichte begegnen uns in seinem Buch mit dem etwas umständlichen Titel "Hamburg. Wendepunkte, Gipfel. Krisen. Damals, heute und dazwischen": der heilige Ansgar mit flachsgelbem Haar und misstrauischem Blick, der Herzog Bernhard von Billung II. als korpulenter Haudrauf oder der Reformator Johannes Bugenhagen, dessen Bildnis aufgrund seiner Tracht vielleicht ein bisschen zu stark an Luther-Porträts erinnert. Es ist vergnüglich, sich in diesem Geschichtsbilderbuch durch die Jahrhunderte zu blättern und dabei nicht nur bekannten Protagonisten zu begegnen, sondern auch Pestopfern, Kaufleuten, Trümmerfrauen. Mit Fantasie und Humor gibt Zganiacz selbst jenen ein Gesicht, von denen es keine historischen Bildquellen gibt. Merkwürdig, dass er ausgerechnet bei Klaus Störtebeker auf ein Porträt verzichtet und stattdessen nur den bekannten Schädel aus dem Hamburgmuseum dargestellt hat.

Zu jedem Bild gibt es auch kurze Texte, wobei der Autor hier mitunter geschichtliche Tatsachen kaum von Legenden unterscheidet. Im Fall von Störtebeker begründet er das mit der Bemerkung: "Die neuesten Untersuchungen zu diesem Fall sind mir zu nüchtern und stellen die schönen gruseligen Geschichten infrage." Aber ein seriöses Geschichtsbuch soll dieser liebevoll gestaltete Band auch gar nicht sein, er führt 1200 Jahre Hamburger Stadtgeschichte auf kurzweilige und recht originelle Weise vor Augen.

W. F. Zganiacz: "Hamburg, Wendepunkte, Gipfel, Krisen. Damals, heute und dazwischen", Blankeneser Verlag, 114 S., 40 Euro