Ein Aufruf von Verena Fischer-Zernin

Drei Prozent, mehr nicht. Nur drei Prozent aller Musik, die je geschrieben wurde, wird auch aufgeführt, schätzen Fachleute. Mag sein, dass manche Perle von der Qualität einer späten Mozart-Oper in der Bibliothek irgendeines abgedankten deutschen Kleinfürsten schlummert. Aber darum geht es nicht in erster Linie. Niemand behauptet, dass "Lauter Verrückte!" von Johann Simon Mayr, das gerade an der Kammeroper Premiere hatte, in die allererste Reihe des Operngenres gehört. Und doch sind Produktionen, die Unbekanntes, Vergessenes ans Licht der Öffentlichkeit holen, nicht nur eine Frage des Respekts vor denen, die an der Musikgeschichte mitgeschrieben haben. Sie sind vor allem auch eine Frage der kulturellen Selbstvergewisserung.

Es muss eben nicht immer Rossinis "Barbier von Sevilla" sein oder ein anderes der robusten Repertoire-Zugpferde, auf die sich die Staatstheater landauf, landab eingeschossen haben. Vielleicht ist es kein Zufall, dass es die kleinen, privat finanzierten Häuser sind, die sich mit allem unternehmerischen Risiko an Raritäten der unübersehbaren Opernliteratur wagen. Dass die Kammeroper das konnte, verdankt sie dem Pegasus Preis 2012 von Exxon Mobil. 35.000 Euro haben Uwe Deeken und seine Truppe damals bekommen. Eine sinnvollere Verwendung kann man sich für ein Preisgeld kaum wünschen.