Der Bayer Django Asül hat mit dem Programm “Paradigma“ Hamburg-Premiere. Seinen türkischen Pass hat der Kabarettist abgelegt.

Schmidt. Preisfrage: Was isst ein echter Bayer am frühen Abend? Nein, keine Weißwurst. Die sollte er bis zum späten Vormittag als Imbiss verzehrt haben, am besten mit süßem Senf, Brezn und Weißbier. Auch keine Schweinshaxe - eine gute muss lange gegart werden. Dann doch lieber ein kross gebratenes Zanderfilet. "Ich esse schon mehr Fisch, um mich auf den Norden vorzubereiten", sagt Django Asül. Er muss die Proteinspeicher füllen. Am Nachmittag vor dem Gespräch hat er wieder den Schläger geschwungen. Asül, 1972 unter dem Namen Ugur Bagislayici im niederbayerischen Deggendorf geboren, ist von Beruf Kabarettist, aber auch ausgebildeter Tennistrainer. Kurz vor dem Gespräch hat er noch auf dem Court gestanden. Im Vorjahr hatten die Herren 40 des Tennisclubs seiner Heimatgemeinde Hengersberg mit ihm sensationell den Aufstieg in die Bayernliga geschafft - der größte Erfolg der Vereinsgeschichte.

Django Asül sieht durchaus Parallelen zwischen der Arbeit auf dem Platz und auf der Bühne: "Als Tennisspieler entdecke ich auch bei gleichbleibender Physis noch neue spielerische Fähigkeiten - das ist wie im Kabarett."

Sein fünftes Soloprogramm, das er am heutigen Montag erstmals im Schmidt Theater spielt, heißt "Paradigma". Ausgerechnet einen Begriff aus dem Griechischen hat sich der Bayer mit den türkischen Wurzeln als Titel gewählt. Das Wort kann Beispiel heißen oder Vorbild, aber auch Abgrenzung oder sogar Weltsicht. Und Django Asül, in den 90er-Jahren als Gast der heiteren wöchentlichen RTL-Schwafelrunde "7 Tage, 7 Köpfe" populär geworden, hat seinen ganz persönlichen Paradigmenwechsel vorgenommen: Ende 2011 hatte er seinen türkischen Pass abgegeben. "Ich wollte auch mal die Sonnenseite des Lebens abdecken", sagt Asül schmunzelnd, dem die Staatsbürgerschaft "schon immer egal" war. "Als Deutscher lastet auf mir jetzt natürlich eine historische Verantwortung", meint er ironisch. "Jetzt muss ich auf jedes Wort achten. Das brauchst du als Türke nicht und als Bayer schon gar nicht."

Mit letztgenannter Vorgehensweise war er stets gut gefahren, seit er 1997 mit seinem ersten Programm "Hämokratie" bundesweit auf Tour ging. Zuvor hatte der Abiturient nach seiner erfolgreichen Ausbildung zum Bankkaufmann fix dem Finanzgewerbe ade gesagt. Angeregt vom Besuch eines Programms des legendären Zynikers Matthias Beltz in Berlin schuf sich Asül sein neues Standbein. Lange bevor der Begriff "Ethno-Comedy" geprägt wurde, thematisierte Asül kabarettistisch das politische Geschehen in Bayern und Deutschland, ebenso die Situation der Türken hierzulande.

Nach seinem Vereinswechsel nimmt sich Asül nun bei seiner Wandlung vom bayerischen Türken zum deutschen Bayern etwa der "türkischen Paradigmen" oder auch des "Gauck-Türken" an. In der Sprache seines Vaters lässt er Angela Merkel über den Bundespräsidenten, der aus dem Osten kam, lapidar sagen: "Gauck hat noch gar nichts geleistet. Der soll erst mal werden Trainer von Energie Cottbus."

Der Fußball dient Django, dem Tennisfreak, immer wieder für Pointen. Auch Nationalmannschafts-Kapitän Philipp Lahm und Ex-Fußball-Revoluzzer Paul Breitner, der sich vor 40 Jahren mal provokativ mit einer Mao-Bibel ablichten ließ, genießen in München deshalb immer mal "Asül" auf der Bühne. Und die Bosse des FC Bayern laden ihn schon mal ins Stadion ein.

Die bayerische Staatsregierung trifft Asül mindestens einmal im Jahr: Beim traditionellen Maibockanstich hält Asül seit 2008 die Festrede, zapft dabei auch Seite an Seite etwa mit Finanzminister Markus Söder. Django kennt inzwischen die komplette CSU-Riege, bis hinauf zum Ministerpräsidenten, dem Seehofer Horst. Ebenso Münchens Oberbürgermeister und Hobbykabarettisten Christian Ude (SPD). Bereits 2004 hatte der damalige Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Erwin Huber (CSU), Django Asül zum "Botschafter von Niederbayern" gemacht. Die Gefahr zu großer Nähe sieht der Spötter auch im Wahljahr 2013 nicht. In Bayern haben Kabarettisten offensichtlich einen höheren Stellenwert als im Norden.

Dennoch glaubt Asül nach zwei Jahren Abstinenz im Schmidt Theater, mit den Hamburgern schnell warm zu werden. Nicht nur, weil in seinem Weizenbierglas am Abend auf der Bühne im Winter meistens Tee ist - auch da ist er gesundheitsbewusst und Profi.

Bereits aus der Ferne ist dem Niederbayern einiges an Hamburg aufgefallen: "Der HSV gehört ja schon bald zum Ensemble des Schauspielhauses", ätzt Asül ob des theaterreifen Krachs des Ehepaares van der Vaart. "Wenn Sylvie lange genug durchhält, wird sie noch eines Tages Intendantin der Elbphilharmonie."

"Paradigma" Mo 25.2. und Mo 23.9., jew. 20.00 Schmidt (U St. Pauli), Spielbudenplatz 24, Karten zu 18,50 bis 27,30 unter T. 31 77 88 99; www.tivoli.de

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