Der dokumentarische Film “De Gaulle und Adenauer“ erinnert an den Beginn der deutsch-französischen Freundschaft.

Berlin. "Ich danke Ihnen noch einmal für Ihre wohltuende Gastfreundschaft", schrieb Konrad Adenauer an Charles de Gaulle, nachdem er den damaligen Ministerpräsidenten Frankreichs im September 1958 in Colombey-les-deux-Eglises getroffen hatte. In de Gaulles Landhaus, wo der Hausherr seine Köchin quasi mit vorgehaltener Pistole zwingen musste, für den deutschen Gast zu kochen. So stark waren die antideutschen Ressentiments in der französischen Bevölkerung.

Der Rest ist Geschichte. Aus der privaten Begegnung ist damals eine wahre Freundschaft entstanden und aus der Freundschaft der ÉlyséeVertrag, den Adenauer und de Gaulle vor 50 Jahren unterzeichneten. Am 22. Januar 1963 in Paris. Es war ein Vertrag, der, wie es Adenauer visionär im Deutschen Bundestag formulierte, "in eine weite, weite Zukunft hineinreichen" sollte.

Adenauer hat recht behalten. Auch wenn es nicht seine direkten Nachfolger waren, die dem Papier Leben einhauchten - die Kanzler Erhard und Kiesinger sperrten sich eher dagegen, Brandt konzentrierte sich auf die Ostpolitik -, sondern Helmut Schmidt und sein französischer Kollege Valérie Giscard d'Estaing.

Diese beiden Staatsmänner kommen auch in dem Film zu Wort, den Werner Biermann und Kristian Kähler anlässlich dieses für beide Nationen wichtigen Jubiläums gemacht haben. "De Gaulle und Adenauer" ist ein zentraler Programmbaustein des Themenschwerpunkts "50 Jahre deutsch-französische Freundschaft", das bei Arte am Dienstag (14.15 Uhr) in der Liveübertragung eines gemeinsamen Staatsaktes aus dem Berliner Reichstag gipfelt.

Giscard d'Estaing sagt heute, die Kriegstreiberei beiderseits des Rheins sei bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in der französischen und in der deutschen "Kultur" verankert gewesen. Im Licht dieser Wahrheit wirkt der Élysée-Vertrag heute noch wie ein historisches Wunder. 300 Jahre lang war das deutsch-französische Verhältnis ja feindselig bis feindlich gewesen. Auf jeden Angriff war irgendwann die Revanche gefolgt, nach jedem Sieg waren die Gewinner in Triumphgeheul ausgebrochen und die Geschlagenen gedemütigt worden. So weit reichten die Konflikte zurück, dass man sich angewöhnt hatte, den Nachbarn als "Erbfeind" zu betrachten.

Umso überraschender war es für alle Anwesenden, dass der Franzose den Bundeskanzler nach der Vertragsunterzeichnung umarmte und - rechts, links - auf die Wangen küsste. Eine Geste, die man nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Adenauer war so perplex, dass er leicht ins Stolpern geriet. Einer seiner Enkel kommentiert das vor der Kamera mit dem trockenen Satz: "Er selber gab auch nicht Küsschen!"

Jedenfalls wurde das Kriegsbeil damals endgültig begraben. Konrad Adenauer erklärte 1963, er sei sicher, "dass dieser Vertrag einmal von der Geschichtsschreibung als eines der wichtigsten und wertvollsten Vertragswerke der Nachkriegszeit bezeichnet werden wird". Tatsächlich kamen sich die nächsten Generationen vor allem dank des damals vereinbarten Jugendaustauschs näher, und das Deutsch-Französische Jugendwerk diente nach dem Fall des Eisernen Vorhangs als Vorbild für das Deutsch-Polnische Jugendwerk, das 1991 gegründet wurde.

Zum Arte-Themenschwerpunkt gehört auch die schräge Talkshow "Karambolage" am Dienstag (20.15 Uhr), Camille Dovière interviewt rein hypothetisch Kanzlerin Merkel, Bundespräsident Gauck und den französischen Präsidenten Hollande, sowie ein Webspecial. Im Internet kann man einer französischen Reisegruppe zehn Tage lang kreuz und quer durch Deutschland folgen. Es ist erhellend und vergnüglich zu erfahren, was die Nachbarn über unsere Radwege, unsere Disziplin und unsere Vorliebe für "alles, das irgendwie nach Wurst aussieht" denken!

"De Gaulle und Adenauer. Eine deutsch-französische Freundschaft" heute 23.30 Uhr, ARD