Der Musiker mit der Pandamaske liefert im ausverkauften Docks vor überwiegend jungem Publikum seine Mischung aus Rap und Pop.

Hamburg. Es ist kalt auf dem Kiez. Hunderte, die meisten Teenager, stehen vor dem Docks-Eingang, dick eingemummelt in ihre Winterjacken, und trippeln herum wie Vollblüter beim Galopp-Derby. Turnschuhe und Strumpfhosen scheinen zwar nicht die adäquate Kleidung, aber die bemützten jungen Leute stehen ja nicht für eine Polarexpedition an, sondern für ein Konzert. Die Bewegungen helfen etwas gegen die schneidende Kälte, sind aber auch Ausdruck von Aufregung und Vorspannung. Einige nesteln schon mal ihre Eintrittskarten und Elternverfügungen raus, die Minderjährige den Türstehern zeigen müssen.

Als die Türen sich öffnen, muss man schnell sein. Ein kurzer Sprint durch die Halle direkt vor die Bühne. Die Kälte ist im Nu vergessen, das Frieren hat sich gelohnt. Denn in zwei Stunden wird Cro beim ersten von drei ausverkauften Docks-Konzerten auf die Bühne kommen, der Pop-Rapper mit der niedlichen Pandamaske. Ein paar Cro-Doubles haben es auch nach vorne geschafft. Ein Rapper namens Sam verkürzt die Wartezeit.

Ohrenbetäubender Lärm, als anschließend Buchstaben C, R und O hinter einem durchsichtigen Gazevorhang in dunklem Rot aufleuchten. Die Musik setzt ein, der Vorhang fällt, das Geschrei aus 1000 Mädchenkehlen wird ohrenbetäubend und schmerzt in den Gehörgängen. Da steht er in einem weißen Unterhemd, engen Jeans, die etwas im Schritt hängen, und weißen Old-School-Tretern von Nike.

"Hamburg!", brüllt Cro in sein Mikro. "Werft die Arme hoch und gebt mir ein Hallo!" Die Reaktion erfolgt prompt und auch etwa 1000 Handy-Displays gehen an. Viele im Auditorium verfolgen das Bühnengeschehen durch den Sucher ihrer Smartphones, fotografieren oder machen wackelige Videos, die sie später auf Facebook ins Netz stellen und sagen sollen: "Seht her! Ich war dabei! Ich bin cool!" "Hi Kids" ist der Begrüßungssong des Stuttgarter Rappers und Sängers. "Raop" nennt Cro selbst seinen Stil, eine Mischung aus Rap und Pop. Bei älteren Hip-Hop-Fans ist er durchaus umstritten. Trotz seines Erfolges gilt er nicht als Neuerer dieser Musikbewegung, die ihre große Zeit in Deutschland um die Jahrtausendwende hatte. Immerhin kommt Cro aus Stuttgart, damals neben Hamburg die tonangebende Stadt der immer populärer werdenden Szene.

Bei "Einmal um die Welt" rollt der Beat, die gedrängt stehende Menge schwingt die Arme im Takt. Als Partymucke funktionieren die Nummern, nur der Wortwitz fehlt. Cros Texte liegen mehr auf dem Niveau der Neuen Deutschen Welle wie bei "Fred vom Jupiter" oder "Hurra, hurra, die Schule brennt" als auf dem von "Bambule", dem Hip-Hop-Meilenstein der Beginner aus dem Jahr 1998. "Ich will, dass ihr den nächsten Unbekannten neben euch umarmt!", ruft Cro. Mindestens 20 neue Pärchen möchte er am Ende aus dem Saal sehen gehen. "Mit dir!", ruft ein blondes Mädchen vom Rang und unterstützt ihren Wunsch mit einem spitzen Schrei, doch der geht in der Kakofonie aus Musik und euphorischem Jubel unter.

Immer neue Befehle gibt es zwischen den Songs von der Bühne, die Kids haben im Wortsinn alle Hände voll zu tun, nur das Tresenpersonal steht sich die Beine in den Bauch. Das Taschengeld wird nicht für Drinks ausgegeben, sondern später am Merchandising-Stand in T-Shirts oder Tourplakaten investiert. Getränke gibt es ja von Cro persönlich, zielgenau wie ein Basketballer wirft er Wasserflaschen in die Reihen: "Ey, Mädchen, mit beiden Händen fangen!"

Cro rappt und singt sich weiter durch das Repertoire seines Debütalbums. "Geile Welt", "Jeder Tag" und später im Zugabenblock "Easy" feiern das Leben, das Erwachsenwerden, den Sommer. Dazu könnte man barfuß über eine Blumenwiese tanzen und Eis am Stiel lecken. Seine Songs sind der Gegenentwurf zu all den finsteren Getto-Rappern, die ihre prekäre Herkunft in aggressiven und sexistischen Reimen ausgedrückt haben. Im Docks herrscht die schöne heile Welt des Mittelstands. Konfettiregen und ein paar riesige Luftballons lassen an Kindergeburtstage denken, bei "King Of Raop" darf die Masse in Stroboskop-Blitzen noch mal kollektiv ausrasten.

Sechs Nummern gibt es als Zugabe, darunter ein Cover von Aloe Blaccs "I Need A Dollar" und "Easy", für den Cro sich beim Wohlfühlklassiker "Sunny" von Bobby Hebb bedient. Seine fröhlichen Popsongs passen definitiv besser zum Sommer - am 24. August rappt Cro open air auf der Bahrenfelder Trabrennbahn. Drinnen im Docks wird noch gefeiert und nach 80 Minuten auf eine weitere Zugabe gehofft, draußen wird schon wieder gebibbert. Diesmal von den Eltern, die ihre junge Sprösslinge in Empfang nehmen. "Wie war es denn?", fragt ein Vater seinen vielleicht 14-jährigen Sohn. Die Antwort fällt knapp aus: "Gut", sagt er.

Cro live Sa 24.8., 18.30, Trabrennbahn Bahrenfeld, Karten zu 39,95 im Vorverkauf