Der Hamburger Heino Trusheim präsentiert mit dem “Real Stand Up Club“ erstmals ein Format nach seinen Wünschen

Haus III&70. Der Begriff ist hierzulande erst seit gut 20 Jahren bekannt, aber für manche längst ein Schimpfwort: Comedy. "Den Rock 'n' Roll der 90er", hat Thomas Hermanns das Genre mal genannt, das er mit der Premiere des "Quatsch Comedy Clubs" 1992 in der Kantine des Schauspielhauses, später dann im Imperial-Theater von Hamburg aus auf ProSieben landesweit unters (Fernseh-)Volk gebracht hat.

Doch die deutsche Comedy anno 2013? Heino Trusheim findet sie großteils gar nicht mehr lustig, er sieht sie in einer Krise. Das sich wiederholende pointenfreie Mann-Frau-Gestammel eines Mario Barth, der gleiche Mief unter dem pinkfarbenem XXL-Anzug einer Cindy aus Marzahn oder die nachlassenden Eingebungen von Atze Schröder, Michael Mittermeier und Dieter Nuhr in Multifunktionsarenen sind die prominentesten Beispiele.

Trusheim will etwas dagegen tun. An der Basis. Der aus Moers am Niederrhein stammende Künstler nennt sich Stand-up-Komiker. Mit dem "Real Stand Up Club" möchte er - ähnlich wie sein Hamburger Kollege Axel Pätz mit der Reihe "KabarettsPätzial" - von Hamburg aus sein Format beleben. Eines, das im angelsächsischen Raum seinen festen Platz hat: Stand-up-Comedy.

Was das heißt? Trusheim: "Wir reden über Themen, die uns interessieren und bewegen, unabhängig von gesellschaftlichen Begrenzungen." Ohne zwanghafte Suche nach dem Gag. Zudem gilt: Der Komiker auf der Bühne ist identisch mit der Privatperson, Figuren sind tabu. Ebenso Requisiten wie Instrumente, Bücher oder - zuletzt besonders beliebt - Puppen aller Art.

"Wenn in Deutschland jemand einfach lustig ist, denkt man nicht: Der kann was", benennt der 42-Jährige ein Problem. "Und viele junge Künstler kopieren nur von anderen, weil ihnen keiner sagt: Es geht auch anders." Fernsehredakteure oder die immer gleichen Gagschreiber schon gar nicht.

"Als Zuschauer will ich lachen. Und als Künstler will ich einmalig sein und meine Seite zeigen", umreißt Trusheim sein Credo. Der Initator des Clubs möchte, dass sein Format die gleichberechtigte Anerkennung neben anderen bekommt: "In Deutschland reicht es nicht, dass etwas lustig ist. Es muss auch intelligent sein." Beides versucht er.

Bühnentaugliche Storys zieht Trusheim etwa aus dem Alltag. "Ich möchte ja nicht stören", hörte er neulich von einem Obdachlosen in der U-Bahn. "Zu spät", entgegnete Trusheim. Seine Erläuterung: "Ich mache mit der Geschichte keine Witze über Obdachlose, sondern über die Situation."

Viermal pro Jahr präsentiert Trusheim als Master of Ceremonies (MC) im Kulturhaus III & 70 wie an diesem Mittwoch sich und drei bekannte Kollegen mit möglichst neuen Nummern. Dabei sind die Berliner Hauke Schmidt und Nils Heinrich sowie der Anglo-Hamburger Don Clarke. Anders als bei sonstigen Mix-Shows spielen sie ohne Pause insgesamt 70 Minuten Real Stand Up. Eine Schlussverbeugung machen sie nicht. Trusheim: "Wir sind keine Schauspieler, die ein Theaterstück aufgeführt haben, sondern wir haben ein Gespräch mit dem Publikum geführt."

Außer an diesem Format arbeitet Trusheim noch an einer Ergänzung: an einer Stätte für einen sogenannten Open Mike, einer offenen Bühne. In dem Saal mit Bar soll der Hamburger Stand-up-Nachwuchs ein Forum bekommen. Gleichzeitig sollen dort gestandene Hamburger Komiker neues Material ausprobieren. Damit es womöglich nicht irgendwann heißt, dass Comedy in und aus Hamburg nur noch alkoholisiert zu ertragen ist.

"Real Stand Up Club" Mi 16.1. 20.30, dann wieder Mi 17.4., Kulturhaus III&70 (U/S Sternschanze), Schulterblatt 73, Eintritt 12,-/erm. 10,-; Internet: www.realstandupclub.de