Das schwedische Gesangsquintett The Real Group verspricht am 2. Januar in der Laeiszhalle für A-cappella-Fans einen Jahresauftakt nach Maß.

Ganz oben, da wird die Luft überall dünn. In der Kunstform des unbegleiteten Gesangs für kleine Ensembles, die sich auch für gelegentliche Ausflüge ins populäre Repertoire nicht zu schade sind, gibt es im Top-Segment zuallererst die King's Singers aus England - sechs Männer. Die Deutschen haben etwa das Ensemble Singer Pur zu bieten - fünf Männer, eine Frau. In Schweden, wo ja nun so arg viele Menschen gar nicht leben, konkurrieren mindestens zwei Gesangsgruppen um den Spitzenplatz, und da die beiden Ensembles unterschiedlich besetzt sind, muss man eigentlich keinem von ihnen den Vorzug geben, sondern kann sie beide genießen - Vibafemba, das Männerquintett, und die Real Group, die seit 28 Jahren in der Besetzung zwei Frauen, drei Männer unterwegs ist. Nach langer Hamburg-Abstinenz tritt die Real Group heute in der Laeiszhalle auf. Schöner kann ein Jahr für A-cappella-Fans kaum beginnen.

Aus der Ursprungsbesetzung, die sich 1984, noch zu Studentenzeiten, an der Königlich Schwedischen Musikakademie in Stockholm zusammenfand, sind nur noch Anders Edenroth und Anders Jalkéus dabei. Katarina Henryson, Emma Nilsdotter Hjerling und Jan Apelholm komplettieren an diesem Mittwoch das Quintett, und ihre jungen Stimmen passen wunderbar ins von den beiden Veteranen geprägte Klangbild.

Was die Real Group neben der Klangschönheit und dem hohen Mischungskoeffizienten ihrer Stimmen auszeichnet? Die Geschmeidigkeit ihrer Arrangements, die Vielfalt der Quellen, aus denen sich ihr Repertoire speist, schließlich ihre Geschmackssicherheit. Als gute Schweden mit ungetrübtem Verhältnis zur eigenen Musiktradition haben sie kein Problem damit, schwedische Volkslieder ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten anzupassen. Die Gründerväter lernten ja noch bei Bengt-Arne Wallin, der in den frühen 60er-Jahren bei Quincy Jones Trompete blies (und mit ihm sein Zimmer teilte, als Jones in Stockholm lebte) und der später an der Akademie unterrichtete. Wallin machte 1962 mit dem Album "Old Folklore in Swedish Modern" die schwedische Folklore als Regionalsprache des Jazz salonfähig. Davon zehrt bis heute nicht nur die Real Group, sondern eigentlich alle schwedischen Musiker aus dem Segment der populären Musik, von Nils Landgren bis ABBA. Die Real Group singt auch Jazz, etwa den "Waltz For Debbie" des amerikanischen Klavier-Impressionisten Bill Evans, oder ein raffiniert auf ihre Stimmen verteiltes Arrangement von Duke Ellingtons "It Don't Mean A Thing". Wie überzeugend diese Vokalminimalisten swingen, lässt sich schon am Bassgesang erkennen, der so lässig rollt und summt, als stünde ein gemütlicher, in allen Rhythmusfragen unerschütterlicher Altmeister der schwarzen Musik an einem echten Kontrabass.

Das sympathisch unglamourös auftretende Quintett hat auch das Beste aus Rock und Pop seinen Kehlen gefügig gemacht und bringt es oft in Form eines Medleys dar; auf diese Weise verwöhnen die fünf ihr Publikum mit der Essenz der Songs, statt das allzu Bekannte unnötig auszuwalzen. Und dann gibt es da, ganz untypisch für solche Ensembles, noch das selbst geschriebene Material, das im Lauf der knapp 30 Jahre Bandgeschichte zu einem ansehnlichen Songbook angewachsen ist. Die Real Group hat so viel Humor, ihre Kunst nie dem Klamauk zu opfern. Wenn es bei ihr etwas zu lachen gibt, dann nicht, weil sie glaubt, ein Publikum, dessen Urteilsfähigkeit sie misstraut, bespaßen zu müssen. Selbst die kleinen choreografischen Einlagen auf der Bühne stehen immer im Dienst der Musik.

The Real Group Mi 2.1., 20.00 Laeiszhalle (U Gänsemarkt) Johannes-Brahms-Platz, Tickets: 15,- bis 40,- unter T. 35 76 66 66