Die Kabarettistin Lisa Politt beschert ein Weihnachtsspecial mit “Sex, Drugs & Nächstenliebe“. Süßliche Töne? Fehlanzeige.

Polittbüro. Undenkbar: Weihnachten ohne eine musikalische Bescherung in der Kabarettbühne am Steindamm. Das ist durchaus in doppeltem Sinn zu verstehen. Denn für süßes Geflöte und friedfertigen Engelssingsang ist Lisa Politt nicht gerade bekannt. Die Sängerin sagt und singt, was Sache ist, und nimmt sich zum Fest die "Heilige Familie" als Brutstätte allen Suchtverhaltens zur Brust. Haben Politt und Gunter Schmidt im Vorjahr "Mit Gott persönlich" gefeiert, verspricht der "Liederabend mit Textbeilage" (Politt) diesmal noch doller auszufallen: mit "Sex, Drugs & Nächstenliebe" geht es unterm Christbaum rund. Weil die barmherzige rote Schwester auch freigiebig ist mit milden Gaben, verspricht sie, in der allgemeinen und temporär besonders prekären Krisenlage Lebenshilfe zu spenden. Und erteilt konkrete Handlungsanweisungen, wie man beim Familienfest die Gefahr vermeidet, nicht enterbt zu werden.

"Es wird gefressen, gesungen und, wenn das alles nichts mehr hilft, auch gesoffen, nur damit die Wahrheit nicht aus Versehen über die Lippen stolpert." Ohne Gefühlsduselei diagnostiziert Politt die oralen Ausschweifungen der lieben Mitmenschen, sieht ihnen auf den Grund ihrer Herzen und entlarvt teuer gewordene und auch teuer zu stehen kommende Bräuche. Die Kabarettistin lässt es andererseits nicht an Zuspruch fehlen. Sie ermuntert beispielsweise, "auch zu Weihnachten nicht zu vernachlässigen, was an guten charakterlichen Eigenschaften an einem nach vorne sticht", wie sie mit frechem Grinsen formuliert. "Schließlich soll es doch ein Fest der Liebe sein."

Auch wenn Lisa Politt einige ihrer bereits bekannten Titel bringt, wird es kein Best-of-Programm. Die selbstlose Frontfrau in der neuen Musikerformation mit dem konfliktfähigen Gatten Gunter Schmidt (Klavier, Harmonium und sonst noch allerlei Instrumentarium), Sven Arne Schönemann (Gitarre und Bass) und dem jungen Perkussionisten Wanja Hasselmann ("Ja, Frischfleisch muss her") erfüllt sich natürlich auch einige lang gehegte Wünsche. "Ich wollte immer mal Lieder, wie 'Die Stimme der Vernunft', 'Die Putzfrau' oder 'Einfach Chef sein' mit Band-Begleitung singen. Ist mir bisher nicht gelungen." Doch das "Weihnachtsgeschenk Band" macht's nun möglich und garantiert beim Vortrag noch mehr Durchschlagskraft. Politts letzter Auftritt mit Musikern und Hermann Gremliza ist etwas her, war 2010 bei der "Ode an Randy Newman".

Der Frieden bei jeder Familienfeier steht gefährlich auf der Kippe, sobald die Rede auf Politik oder das liebe Geld kommt. Auch zu Weihnachten entbrennt unterm Lichterbaum über krisenfeste Anlagen und die richtigen Parteiansichten rasch Streit zwischen der älteren und jüngeren Generation. Für die Sängerin Grund genug, Öl ins Feuer zu gießen und mit Bertolt Brecht "die belebende Wirkung des Geldes" zu preisen: "Ach sie gehen alle in die Irre/Die da glauben, dass am Geld nichts liegt". Oder Georg Kreislers "Kapitalistenlied" lautstark anzustimmen und mit dem Revolverhelden der Gewinne zynisch zu fragen: "Warum habt denn ihr/so schrecklich Angst vor mir?/Ich bin Mensch und Christ."

Außerdem hat Lisa Politt einen ihrer Lieblingssongs von Peggy Lee übersetzt. Mit "Is That All That Is" bringt die singende Satirikerin die vorhersehbare Enttäuschung bei jeder Weihnachtsbescherung lakonisch auf den Punkt: "Ist das alles?" Sicherlich kommt die eingeschworene Politt-Familie beim Special voll auf ihre Kosten, kann sich mit guter Laune und frechen Sprüchen für den bevorstehenden Feiermarathon mit der Verwandtschaft wappnen.

Lisa Politt & Band: "Wozu reden, sag ich immer - Sex, Drugs & Nächstenliebe" Premiere Di 18.12., bis 1.1.2013 (außer 24.12.) jeweils 20.00, Polittbüro (S/U Hbf.), Steindamm 54, Karten zu 15,-/ erm. 10,- unter T. 28 05 54 67