Die Kulturloge Hamburg vermittelt Menschen mit geringem Einkommen Eintrittskarten für Theater, Oper oder Konzerte

Hamburg. "Ich bin total aufgeregt!" Augenoptikerin Angelika Wisniewski und ihr Ehemann Wladislaw gehen nicht oft zu kulturellen Veranstaltungen wie an diesem Abend, auch wenn sie es sich wünschten. Wie viele Hamburger können auch sie sich die manchmal hohen Eintrittspreise nicht immer leisten.

Mehr als 30 Jahre lang lebte die fünfköpfige Familie von der Selbstständigkeit des Familienvaters. Nach der Insolvenz seines Unternehmens musste jedoch gespart werden. Vor etwa einem Jahr machte sie ein Mitarbeiter des Amtes für Arbeit auf die Kulturloge aufmerksam. Für die Wisniewskis eine Chance, wieder am kulturellen Leben Hamburgs teilzunehmen. "Die Kultur bleibt immer auf der Strecke, weil man denkt: Wichtig ist jetzt Essen, Kleidung, dann der Rest", erzählt Angelika Wisniewski, "Und das ist dann wirklich wie ein Geschenk! Als ob man wieder lebt, wieder Freude hat!"

Seit ihrer Gründung im Januar 2011 baut die Kulturloge Hamburg Brücken zwischen Menschen mit geringem Einkommen und Kulturveranstaltern, die leere Plätze zu besetzen haben. Die erste Kulturloge entstand 2010 in Marburg. Mittlerweile sind 14 weitere in ganz Deutschland hinzugekommen. Als Kulturmanagerin Julia von Weymarn von der Idee aus Marburg erfuhr, wollte sie diese auch für Hamburg umsetzen. Wichtig sei ihr dabei vor allem gewesen, keine Bittsteller in leere Häuser zu schicken, sondern eine "Win-Win-Situation" zu schaffen: "Ein volles Haus macht einen besseren Eindruck als ein halbleeres. Daher gibt es einen Gewinn für die Kulturhäuser. Gleichzeitig haben die Menschen, denen wir das vermitteln, einen Zugewinn, weil sie am Abend in die Veranstaltungen gehen können."

Die Idee sei, mit einem Gut zu arbeiten, das bereits vorhanden ist und das von den Kulturhäusern, aber auch von den Steuerzahlern bezahlt werde. Die Kulturloge trete dabei lediglich als Mittler auf, organisiere und verteile die Karten. Doch auch diese Arbeit kostet den Verein Kraft: "Wir haben ein wunderbares Team von Helfern", versichert von Weymarn, "doch wir brauchen dringend eine minimale hauptamtliche Struktur, denn allein durch ehrenamtliche Arbeit ist das Projekt nicht mehr lange zu bewältigen." Mittlerweile sind mehr als 2000 Menschen bei der Kulturloge Hamburg registriert, die von knapp 40 ehrenamtlichen Mitarbeitern betreut werden.

Die Anmeldung erfolgt entweder bei der Kulturloge selbst oder über die zahlreichen sozialen Kooperationspartner wie die Caritas oder das Diakonische Werk. Die registrierten Gäste werden telefonisch kontaktiert, sobald sich ein Kulturveranstalter mit freien Karten meldet. Diese werden dann diskret an der Abendkasse hinterlegt: "Man schämt sich schon, wenn man Hartz-IV-Empfänger ist. Aber das ist so toll organisiert, dass man keinen benachteiligten Platz hat oder komisch angeguckt wird", bestätigt Wisniewski.

Neben vielen kleineren Bühnen arbeiten auch große Häuser wie das Thalia-Theater, Kampnagel oder das Deutsche Schauspielhaus mit der Kulturloge zusammen. Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard: "Wir unterstützen die Kulturloge seit ihrer Gründung, weil die Initiative nicht einfach Restkarten verschenkt, sondern individuell und persönlich Kontakt zwischen Kampnagel und denjenigen herstellt, die sich aufgrund ihrer persönlichen Situation auch günstige Eintrittskarten nicht leisten könnten."

Für die gebürtige Ukrainerin Angelika Wisniewski bedeutet Teilhabe auch, sich in die Kultur ihrer Wahlheimat einzufühlen: "Wir waren zum Beispiel in Alma Hoppes Lustspielhaus. Manchmal versteht man nicht alles, aber wenn man dabei ist, lernt man die Sprache, die Kultur und auch den Humor des Landes kennen. Weil wir hier als Ausländer leben, ist es wichtig, uns zu integrieren. Um uns wohlzufühlen."

An diesem Abend besuchen die Wisniewskis das Opernloft, die City-Oper für Einsteiger. Für das Ehepaar genau das Richtige. "Jetzt habe ich absolut gute Laune und Lust auf mehr - auf jeden Fall!" Angelika Wisniewskis Augen leuchten im rötlichen Licht der Eingangshalle. "Ich bin gespannt, wohin wir als nächstes gehen dürfen. Am liebsten würde ich alle Opern sehen!"

Infos zur Kulturloge Hamburg sowie Angaben zu den Einkommensgrenzen und weitere Informationen auf der Webseite www.kulturloge-hamburg.de