Hamburger Symphoniker näherten sich der Stadt über Wagner, Respighi und Pergolesi - eine nur auf den ersten Blick irritierende Collage.

Hamburg. Kühn, tollkühn, Kühnel. So in etwa ließe sich der musikdramaturgische Faden des Konzerts in der Laeiszhalle am Sonnabend beschreiben, den Daniel Kühnel, Intendant der Hamburger Symphoniker, in der Reihe "Die großen Musikstädte" gesponnen hat. Nach Jerusalem und Delphi war - nein, nicht Hamburg an der Reihe, so weit ist es noch nicht mit unserer Stadt, sondern Rom.

Kühnel schuf eine nicht nur auf den ersten Blick irritierende Musikcollage, die auch beim Hören Zweifel aufkommen ließ, ob ein klug ausgedachtes Konzept zwingend auf freudig offene Ohren stößt. In der leidlich gut gefüllten Laeiszhalle sahen sich die Hörer einem Experiment ausgesetzt, dem sie mit aufmerksamer Toleranz begegneten und das sie am Ende begeistert beklatschten. Die hochkarätigen Gesangssolisten Michaela Kaune, Janina Baechle und Robert Gambill und die ausgezeichnet spielenden Symphoniker unter der sehr kompetenten Stabführung von Marius Stieghorst trugen einen Großteil zum Erfolg des Wagnisses bei.

Für sich ist jedes der aufgeführten Werke - die russisch-orthodoxen Gesänge, die riesig besetzten "Feste Romane" von Ottorino Respighi, die Romerzählung aus Richard Wagners "Tannhäuser" und Giovanni Battista Pergolesis kammermusikalisches "Stabat Mater" - kostbar. Doch die direkte Vermischung der drei erstgenannten Kompositionen wirkte bei aller plausibel begründeten Dramaturgie mit Rom als musikalischem und christlichem Zentrum befremdlich.

So wurden etwa die wundervollen Stimmen des St. Petersburgers Optina Pustyn Männerchors unter Alexander Semyonow, die zum Auftakt des Konzerts vom Rang erklangen, nach frommem Gebet mit dem orgiastisch wilden ersten Satz der Feste Romane konfrontiert, die mit "Circenses" überschrieben sind. Und Respighi selbst setzte im nachfolgenden "Il Giubileo" (Das Jubeljahr) auf Kontrast: Pilger schleppen sich, auf Vergebung hoffend, der heiligen Stadt Rom entgegen, wie es ja auch Tannhäuser als reuiger Sünder tat.

Dessen Romerzählung, von Robert Gambill als eindrucksvoller Sängerdarsteller gestaltet, schloss unmittelbar an das Glockengeläute der Respighi-Pelerinage an, die wiederum im Wechsel von orthodoxen Gesängen und römischen Fest-Impressionen kontrastiert wird. Pergolesis von Schmerz und Trost getragenes Gedicht auf die Gottesmutter beendete den Abend mit zwei auf die tiefe Kraft der Innigkeit vertrauenden Sopranistinnen.