Die Evangelische Kirche in Hamburg prämierte die besten Bilderzählungen der biblischen Geschichte. Helmut Steinbachs Plätzchenbäcker.

Hamburg. Das ist kein schlechter Zug der Evangelischen Kirche. Einfach mal die Kunst ins Gotteshaus holen, in diesem Falle: St. Jacobi. Die Kunst ist ja öfter mal subversiv, und deshalb ist Gott im Weihnachtsmärchen Helmut Steinbachs ein Plätzchenbäcker.

Ein was?

Ja, ein Plätzchenbäcker. Der Gott in Helmut Steinbachs Comic entspannt sich nach dem Betrachten der Schöpfung, indem er Teig knetet und Tee trinkt. Gott hat einen Rauschebart und entspricht vom Äußeren her dem Typus weiser, alter Mann. So, wie man sich Gott eben vorstellt. Meistens. Bis Januar läuft die Ausstellung "Die Weihnachtsgeschichte als Comic" in St. Jacobi, und natürlich spekuliert man bei den Kirchengemeinden auch auf jüngere oder in größerer Zahl auftretende Besucher. Zu sehen sind die besten Comics, die sich auf Veranlassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Hamburg mit der größten Geschichte der Christen beschäftigen. Steinbachs gemütlicher Bäcker ist übrigens der Sieger des Wettbewerbs. Die kleine Weihnachtsgeschichte spielt mit Motiven der Bibel. Die Entsendung des Gottessohnes zur Errettung der Menschheit übersetzt Steinbach in seiner skizzenhaft-kunstvoll gestalteten Bildergeschichte in ein Backrezept, und der Stall, die Heiligen Drei Könige und der Stern von Bethlehem sind nichts weiter als Backförmchen - da muss man als Betrachter schmunzeln.

Der Comic war schon immer ein Ort der Selbstironie und des Humors. Von der Kirche kann man das nicht behaupten. Was läge also näher, der Kirche und ausgerechnet ihrem vielleicht Heiligsten einen zeitgemäßeren, spielerischen Charakter zu geben, indem man die moderne Kunstform des Comics mit dieser Aufgabe betraut? Die Kirchenleute selbst freuen sich jedenfalls über ihren Coup. "Nur wer sich immer wieder neu diese besondere Geschichte aneignet, wird auch ihre Tiefe und die verändernde Kraft, die von diesem Teil der Bibel ausgeht, ermessen können", sagt etwa Karl-Heinz Melzer, der Propst des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein im Grußwort des Sammelcomic, der die besten Arbeiten beinhaltet und die Ausstellung begleitet.

Es sind überraschende Perspektiven, die die Teilnehmer des Wettbewerbs, allesamt professionelle Zeichner und nicht selten an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften an der Armgartstraße ausgebildet, gewählt haben. Bernd Oldörp zum Beispiel erzählt in seiner Bild-Erzählung von einer Panikattacke verängstigter Touristen, die in einem zugegebenermaßen bedrohlich aussehenden Mann einen Gangster sehen. Am Ende ist der aber ein selbstloser Wohltäter, der die Wertsachen der furchtsamen Abgesandten als milde Gabe einer bettelarmen Familie übergibt - gerade ist ein Kind zur Welt gekommen. Es ist ein Christkind wie jedes andere auch, das Heiligabend geboren wird, und manchmal ist es sogar die pure Angst, die einen etwas Gutes tun lässt.

Manchmal ist Weihnachten auch eine Heidenarbeit. Das betrifft nicht das Geschenkekaufen und das Zubereiten des Festmahls, sondern bei ganz Unglücklichen auch die Dienstleisterei im Namen derer, die es so gerne besinnlich haben. Die Illustratorin Kathrin Klingner jedenfalls erinnerte sich an ihre Zeit bei einer niederländischen Weihnachtsdekorations-Firma. Tannen schleppen, Plastikrentiere aufstellen, Kunstschnee verblasen - alles in ihrem Comic verewigt. Weihnachten ist eine widersprüchliche Sache, und das bilden die Comics ab, indem sie die Weihnachtsindustrie auf unterhaltsame Weise hinterfragen. Dotiert war der Wettbewerb mit 5000 Euro. Unter 39 Einsendungen wurden drei Siegerentwürfe ausgewählt. In der Jury saßen die Zeichner Jutta Bauer und Isabel Kreitz, Jörg Herrmann, Leiter der Evangelischen Akademie der Nordkirche, Pastor Patrick Klein und Mechthild Klein, die Projektleiterin des Wettbewerbs.

Die Ausstellung "Die Weihnachtsgeschichte als Comic" ist bis zum 6. Januar in der Kirche St. Jacobi zu sehen. Informationen unter www.jacobus.de, eine Slideshow des Comics finden Sie auch unter http://www.comic-kirche.de