Hamburg. Faruk Arslan ist damals nicht weggezogen, er ist nicht einfach abgehauen in die Türkei. Er ist hiergeblieben. Und Arslan sagt: "Nicht ganz Deutschland hat damit zu tun, was meiner Familie passiert ist." Der 23. November 1992 wird in die deutsche Geschichte als der erste rassistisch motivierte Brandanschlag in einer Serie von Attentaten nach der Wiedervereinigung eingehen, bei dem Menschen ums Leben kamen. In der Nacht setzen zwei Neonazis mit Molotowcocktails zwei Häuser in Mölln in Brand, in denen vor allem türkischstämmige Menschen wohnen.

Die Regisseurin Malou Berlin hat die Familie Arslan vier Jahre begleitet. Ihr Film "Nach dem Brand" dokumentiert den Weg der Familie zwischen Trauer und Trauma und dem Wunsch nach Normalität zu finden.

Der Film macht das, was in der aktuellen Debatte um die rechtsterroristischen Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" oft beiseitegedrängt wird: Er zeigt die Opfer, lässt sie reden, hört ihnen zu. Der Regisseurin gelingt gemeinsam mit Kamerafrau Susanne Dzeik und Tonmann Rene Paulakot ein Porträt einer Familie, die 20 Jahre nach dem Anschlag noch immer mit den Folgen der Gewalt ringt und an der Sinnlosigkeit ihres Verlustes zu scheitern droht. Sie zeigt, wie Arslans Sohn Ibrahim sich lange ins Schweigen zurückzieht - und mittlerweile in der Öffentlichkeit für das Gedenken an die Familie kämpft.

Die Dokumentation zeigt, wie auch der Glaube der Familie hilft, das Erlebte zu verarbeiten. Der Vater Faruk Arslan war in der Brandnacht in Hamburg, er erreichte den Unglücksort erst, als nur noch die verheerenden Folgen des Anschlags zu erkennen sind: Seine Mutter, seine kleine Tochter und seine Nichte starben. Die beiden Neonazis, die wegen des Brandanschlags verurteilt wurden, sind längst auf freiem Fuß.

"Nach dem Brand" heute, 0.00 Uhr, NDR