Eine Glosse von Volker Behrens

Seien Sie doch mal ruhig! Die Welt ist eh schon zu laut. Der Lärm, den wir mit unserer Zivilisation veranstalten, nimmt immer mehr zu. Das hat den Medienmacher Michael Köckritz auf eine Idee gebracht: Er hat jetzt ganz leise das Hörbuch "Chillen im Stillen" auf den Markt geworfen. Darauf findet man 70 Minuten lang so gut wie nichts. Niemand sagt etwas. Immerhin trinkt Bärbel Schäfer hörbar eine Tasse Kaffee, Chefredakteur Kai Diekmann blättert in der "Bild".

Das Bedürfnis zur Ruhe, zum meditativen Pausenzeichen, scheint zuzunehmen, dieses "Hörbuch" ist ein Zeitgeist-Begleitprodukt. Einen "Raum der Stille" gibt es schon im Hauptbahnhof, im Albertinen-Krankenhaus und im Kieler Landtag. Und die Äußerung: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten", drückt auf etwas rustikale Weise das Grundbedürfnis nach Ruhe aus.

Lärm hat viele Farben und ist auch Geschmackssache. Ist Kindergeschrei goldig oder nervig? Herbert Grönemeyer singt von einer Frau, die mag "Musik nur, wenn sie laut ist". Wilhelm Busch fand, sie werde "oft nicht als schön empfunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden." Der Fast-kein-Ton-Träger wird mit den Worten beworben, er enthalte "prominentes und wertvolles Schweigen". Was ist das denn für eine den Verstand betäubende Gleichsetzung? Die Promis schweigen nicht mit uns, sie schweigen uns an. Das kann einem schon mal die Sprache verschlagen.