Das Altonaer Museum wirft in seiner traditionellen Weihnachtsausstellung einen kritischen Blick auf die Sozialgeschichte der Christmärkte.

Hamburg. In Deutschland gehören Weihnachtsmärkte seit Jahrhunderten zur Einstimmung auf das Christfest. Während der vier Adventswochen werden - meist im stimmungsvollen Ambiente der historischen Altstädte - nicht nur Glühwein, Lebkuchen, gebrannte Mandeln und andere Leckereien angeboten, sondern auch weihnachtliche Dekorationen wie Christbaumschmuck sowie Spielzeuge und andere Geschenkartikel.

In seiner diesjährigen Weihnachtsausstellung richtet das Altonaer Museum einen Blick auf die sozialen Hintergründe in der Geschichte dieser beliebten Vorweihnachtsbräuche. Woher kamen all die vergoldeten Nüsse, die hölzernen Spielzeuge, die Sterne und Engel, die zum festlichen Glanz des Lichterbaums gehörten? Und wer waren die Menschen, die diese wunderschönen Dinge auf den Weihnachtsmärkten zum Verkauf anboten? Museumsdirektor Torkild Hinrichsen hat die volkstümlichen Darstellungen der Weihnachtsmärkte von Berlin, Dresdner, Nürnberg oder Hamburg genau analysiert und dabei nicht nur ein jeweils sehr ähnliches Angebot entdeckt, sondern immer auch Menschen, die zwar zur Feststimmung beitrugen, selbst aber nicht dazugehörten.

"Im Schatten des Glanzes. Das Weihnachtsfest der Weihnachtslosen" hat Hinrichsen die Ausstellung genannt, die von historischen Darstellungen ausgeht und den Fokus auf jene richtet, die vom Fest ausgeschlossen waren. Gemeint sind die Familien, die in Heimarbeit aus Materialresten Weihnachtsausstattungen und einfache Spielzeuge in kleinen Stückzahlen fertigten. Wer historische Darstellungen etwa vom Dresdner Striezelmarkt oder dem Hamburger Weihnachtsmarkt betrachtet, sieht zwar einerseits die gutbürgerlichen Familien mit ihren Kindern, die den Weihnachtsmarktbesuch sichtlich genießen, aber immer auch die ärmlich gekleideten Frauen und frierenden Kinder, die sich an primitiven Ständen darum bemühen, für ihre selbst gemachten Kleinigkeiten Käufer zu finden.

Erst im frühen 20. Jahrhundert wurden diese "Weihnachtslosen" überhaupt in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen. Einer der Ersten, der sich um sie kümmerte, war der dänische Journalist Anker Kirkeby, der am Weihnachtsabend 1910 in Kopenhagen das Elend der Menschen am Rande des Festes bei einer Recherche persönlich kennenlernte. Als Redakteur der Zeitung "Politiken" rief er eine Initiative ins Leben, die den sozial Benachteiligten eine zumindest kurzfristige Teilhabe am Weihnachtsfest ermöglichte. Bald gab es in vielen anderen europäischen Städten vergleichbare Projekte.

Die Altonaer Weihnachtsausstellung, die seit Langem eine feste Institution in der Hamburger Vorweihnachtszeit ist, stellt zwar diesmal sozialkritische Fragen zur Kulturgeschichte, vermeidet es aber, die Adventsstimmung damit zu verderben.

So gibt es auch diesmal wieder all das, was man von einer ordentlichen Weihnachausstellung erwartet: nämlich Rauschgoldengel und Nussknacker, Räuchermänner und Christbaumkugeln. Vielleicht betrachtet man diese so vertrauten festlichen Accessoires allerdings mit etwas anderen Augen, wenn man weiß, dass sie früher oft von Menschen hergestellt und verkauft wurden, die diesen weihnachtlichen Glanz bestenfalls als Zaungäste erleben durften.

Weihnachtsausstellung im Altonaer Museum, bis 30.12., Di-So 10.00-17.00. An den kommenden fünf Wochenenden findet jeweils die Weihnachtsmesse statt. Angeboten werden Kunsthandwerk, antiquarische Bücher, Illustrationskunst und andere Geschenkideen.