Seit den legendären Konzerten 1976 im Onkel Pö kehrt Jazzstar Al Jarreau gern an die Wiege seines Erfolges zurück. Jetzt sang er in der Laeiszhalle.

Hamburg. Nein, Al Jarreau, 72, hat nicht vergessen, wo seine Weltkarriere ihren Anfang nahm: im Onkel Pö, 1976. Da war er, Spätzünder im Business, schon 36, halb so alt wie jetzt. Am ersten Abend kamen 100 Leute, am dritten mussten sie den Laden wegen Überfüllung schließen. Al Jarreau wurde zum Star im Jazz und später auch im Pop. Heute mag er auf wackligen Beinen stehen und sich mehr schlecht als recht über die Bühne bewegen: Wenn er singt, scheint die Zeit in jene elektrisierenden ersten Jahre zurückzuschnurren, als er, mit Häkelmütze auf dem Kopf und einer großen Kalebasse vor dem athletischen Körper, aus seiner Kehle die unwahrscheinlichsten Instrumentalklänge, Rhythmen und Grooves entließ.

Bei seinem Konzert mit Joe Sample und der NDR Bigband am Freitag in der Laeiszhalle erinnerte er dankbar an diese Anfänge. Nur ein Umstand trübte die Wiedersehensfreude: Jarreaus Interpretation einiger "Porgy & Bess"-Nummern geriet artistisch bis ins Artifizielle. Er begreift Gesang als reine Kehlen-Akrobatik, die nur ausnahmsweise die Wahrheit seiner Seele durchschimmern lässt. Das aber ist es doch, was der Sänger entblößen soll. Wir wollen hören, wer er ist. Nicht, was er kann.