Psychedelischer Rockabend: Camera und das Moon Duo entführten beim Hamburger Konzert auf Kampnagel in fremde Welten.

Hamburg. Sind zehn Minuten vergangen? 20? Ist schon eine halbe Stunde rum oder sogar mehr? Das Konzert der Berliner Band Camera am Donnerstagabend auf Kampnagel ist eine Demonstration für die Dehnbarkeit des Zeitbegriffs. Nicht nur die Musiker sind wie im Rausch, blicken kaum auf, sondern versenken sich in die treibenden Endlos-Beats ihres Krautrock-Elektro-Gemisches, auch das Publikum tanzt entweder entrückt oder starrt ganz selbstvergessen auf die Bühne, wo Gitarrist Franz Bargmann, Schlagzeuger Michael Drummer und Keyboarder Timm Brockmann die Tracks so ineinander fließen lassen, dass kein Bruch entsteht.

Nach 40 Minuten erst setzt das Trio kurz aus, um sich zum finalen Viertelstünder zu sammeln. Da schweben alle Anwesenden längst in höheren Sphären. Krautrock-Veteranen wie Michael Rother (NEU!) und Dieter Moebius (Cluster) sind erklärte Camera-Fans und haben sogar schon mit der Band gespielt. Ein Qualitätssiegel, das Camera mit diesem spektakulären Auftritt eindrucksvoll bestätigt.

Das Moon Duo hat es danach einigermaßen schwer mit Songs, die im Vergleich nicht mehr als Miniaturen sind. Jedenfalls was die Lauflänge von durchschnittlich fünf Minuten angeht. Auch hier dominiert der Drang zum Repetitiven, doch trotz Leinwandgeflimmer im Hintergrund will sich so recht kein Ich-lass-mich-einfach-treiben-Feeling einstellen. Was daran liegen könnte, dass Gitarrist/Sänger Ripley Johnson und Keyboarderin Sanae Yamada deutlich stärker als Camera auf eine eher traditionelle Struktur setzen und sich bewusst zeitlich beschränken. Aber manchmal, das lernen wir an diesem Abend, kommt es eben doch auf die Länge an.