Diana Krall kommt mit ihrem neuen Album „Glad Rag Doll” am 9. November nach Hamburg in das CCH.

Strapse, Korsage und tiefes Dekolleté. Auf dem Cover ihres aktuellen Albums "Glad Rag Doll" sieht Diana Krall, 47, aus, als wolle sie bei der Burlesque-Show der Sinderellas im Gruenspan mitmachen. "Sex sells" heißt eine Formel der Marketingstrategen. Aber hat eine renommierte Künstlerin wie Diana Krall es nötig, über ein verruchtes Coverfoto auf sich aufmerksam zu machen? Oder will die kanadische Sängerin und Pianistin ihr Sauberfrau-Image angehen? Vielleicht versucht sie auch nur, mit diesem Revue-Girl-Outfit eine Verbindung zu den Songs von "Glad Rag Doll" herzustellen, denn die meisten stammen ursprünglich aus den 20er- und 30er-Jahren.

Auf "Glad Rag Doll" hat sie darauf verzichtet, Klassiker des "American Songbook" aufzunehmen, sondern nach unbekannten Nummern gesucht. Zur Seite standen bei der Auswahl ihr Vater Jim, der sie überhaupt erst auf die Idee gebracht hat, sowie Produzent T-Bone Burnett. Burnett hat vor zwei Jahren schon "National Ransom", das letzte Studio-Album von Kralls Ehemann Elvis Costello produziert, jetzt hat er auch ihr bei dieser "Song- und Tanzplatte" entscheidend geholfen. "Ich wollte kein nostalgisches Album mit Stücken einer vergangenen Epoche aufnehmen. Als wir uns an die Arbeit machten, hatten alle den Eindruck, als wären die Songs erst gestern geschrieben worden", sagt sie.

Themen wie Liebe und Einsamkeit sind immer aktuell, der Sound auf "Glad Rag Doll" ist es nicht, was in diesem Fall jedoch kein Manko bedeutet. Schon die Tatsache, dass Krall auf einem Klavier aus dem 19. Jahrhundert spielt, ist ein deutlicher Hinweis auf die Tradition dieser Lieder. Viele Nummern würden bestens in eine Hafenspelunke von New Orleans passen. "You Know I Know Ev'rything's Made For Love" erinnert durch die Rhythmusgitarre und den Swing-Rhythmus an Django Reinhardts Sound, "I'm A Little Mixed Up" und "We Just Couldn't Say Goodbye" sind ebenfalls flotte Nummern mit etwas verstimmtem Klavier und weit entfernt von Kralls manchmal aseptischem Jazz früherer Tage.

Es scheint, als habe Krall sich bei ihrem Ehemann einiges abgeschaut, denn Costello hat bei seiner letzten Show eine Reihe von Vaudeville-Elementen integriert. Costello ist ebenfalls auf dem Album dabei, unüberhörbar als Conferencier in "When The Curtain Comes Down", und sonst als Mandolinen- und Ukulele-Spieler.

Auf der aktuellen Tournee wird er seine Frau nicht begleiten, weil er sich um die fünfjährigen Zwillingssöhne kümmern muss. Nachdem sie viele Jahre lang mit einer eingespielten Band unterwegs war, hat Diana Krall für die laufende Tour neue Musiker um sich geschart. Von der Besetzung, die mit ihr "Glad Rag Doll" aufgenommen hat, wird die famose Rhythmusgruppe mit Dennis Crouch (Bass) und Jay Bellerose (Schlagzeug) dabei sein, fehlen wird jedoch Marc Ribot.

Der Ausnahmegitarrist, in diesem Jahr in Hamburg auf Kampnagel bei einer Neufassung von "Peter und der Wolf" dabei, prägt den Sound von "Glad Rag Doll" entscheidend, entweder virtuos auf der akustischen Gitarre oder verstörend auf der elektrischen. Durch seine verzerrten Riffs bekommt "Lonely Avenue" einen noch düsteren Ausdruck, als die von Doc Pomus geschriebene und von Ray Charles 1956 zum Hit gemachte Nummer ohnehin besaß.

Ribot sorgt auch bei "There Ain't No Sweet Man That's Worth The Salt Of My Tears" dafür, dass der gefällige Klang dieser Poplieder durch das elektrische Kratzen auf seinem Instrument aufgebrochen wird. Mit Aram Bajakian bringt Krall jedoch einen anderen versierten Gitarristen mit nach Europa. Ebenso wie Ribot zählt er zur New Yorker Avantgarde. Spannend bleibt vor Kralls Konzert nur eine Frage: Welches Bühnenoutfit wird sie wählen?

Diana Krall Fr 9.11., 20.00, CCH Saal 1 (S Dammtor), Marseiller Straße 2, Karten ab 52,95 im Vorverkauf; dianakrall.com