Das unwahrscheinliche Hollywood-Leben der Wienerin Hedy Lamarr wird in einer neuen Biografie vorgestellt.

Wenn man schon einmal von Hedy Lamarr gehört haben sollte, der in der Versenkung des alten Hollywoods verschwundenen Aktrice, dann kommt einem ihre überirdische Schönheit in den Sinn. Max Reinhardt, der berühmte Theatermann in Wien und Berlin, bezeichnete sie einst kurz und bündig als schönste Frau der Welt. Dabei war die 1914 in Wien geborene Schauspielerin, die eigentlich Hedwig Kiesler hieß, nicht nur für einige Zeit der heißeste Feger im Filmgeschäft, sondern auch geistig ganz gut beisammen. Davon war wohl auch der Komponist George Antheil überzeugt, der in den 40er-Jahren feststellte: "Hedy ist sehr, sehr schlau. Verglichen mit den meisten anderen Hollywood-Stars ist sie geradezu ein intellektueller Gigant." Warum man davon wirklich ausgehen muss, schildert der Autor Jochen Förster in seiner nun im Hollenstedter Ankerherz-Verlag erschienenen Lamarr-Biografie, die den Titel "Hedy Darling" trägt und in Zusammenarbeit mit Anthony Loder entstand, dem Sohn der im Jahr 2000 nahezu unbekannt in Amerika gestorbenen Darstellerin.

Denn Förster erzählt nicht nur von Lamarrs Anfängen im europäischen Film (wo die frühreife 17-Jährige als Nacktschwimmerin in "Ekstase" einen kleinen Skandal verursachte) und ihrem Erfolg als Hollywood-Immigrantin, sondern auch von Lamarrs Erfindergeist: 1941 meldete die Technikpionierin (zusammen mit Antheil) ein Patent auf das sogenannte Frequenzsprungverfahren an, das als Kriegswaffe gegen die Nazis eingesetzt werden sollte und als Grundlage von Bluetooth, WLAN und Handy gilt. Die Lamarr hatte Kenntnisse über Torpedotechnik bei den Geschäften ihres Exmannes mitbekommen - und ersann nun mit Antheil eine Fernsteuerung, die unanfällig gegenüber feindlichen Störsendern war. Das amerikanische Militär zeigte sich interessiert, verzichtete aber, weil die von den militärtechnischen Einsteigern entworfene Apparatur zu schwer war.

Ja, Hedy Lamarr ist vielleicht der unwahrscheinlichste Star gewesen, den man sich überhaupt vorstellen kann. In Försters flüssig erzählter Biografie setzt sich das Bild einer Diva zusammen, dem man bewundernd, kopfschüttelnd und am Ende doch auch sprachlos gegenübersteht: Auf den Aufstieg der Österreicherin, die lange vor Schwarzenegger zur Amerikanerin wurde, folgte ihr tiefer Fall. Schon in ihren 30ern wurde die Frau, die mit Clark Gable und Spencer Tracy drehte, abserviert, und so war sie ein Star, der früh erlosch. Hedy Lamarr starb als skurrile Einsiedlerin. "Meine Mutter verfing sich in einem Netz aus Oberflächlichkeiten (...) Als sie nicht mehr auf ihr Rollenprofil der verführerischen Brünetten passte, ließen die Puppenspieler bei MGM sie fallen", schreibt ihr Sohn, der ausführlich in Försters kundigem Buch zu Wort kommt. Und so ging es im Falle von Hedy Lamarr, der Ex-Filmprinzessin und späteren verurteilten Ladendiebin, der Frau, die den Männern den Kopf verdrehte und eine Erfinderin war, in gewissem Sinne am Ende doch nur um: Äußerlichkeiten.

Jochen Förster: "Hedy Darling", Ankerherz. 224 S., viele bislang unveröffentlichte Bilder. 29,90 €