Am Tag der Präsidentschaftswahl in den USA erinnert das Ensemble Resonanz mit einer Revue an “The American Dream“.

Thalia Gaußstraße. Deutsche Kultur in den USA - das ist hauptsächlich eine derb-kulinarische Angelegenheit. Bretzel, Sauerkraut, Oktoberfest. Wir Europäer, vor allem wir im Krieg besiegten Deutschen, huldigen der kaum 250 Jahre alten Kultur der USA bekanntlich weit differenzierter als allein durch den Verzehr von Coca-Cola, Fast Food und Kaugummi. Anlässlich der Präsidentschaftswahl in den USA findet heute im Thalia in der Gaußstraße eine aus Klängen und Worten komponierte Revue statt, die als ziemlich hintersinnige Hommage an das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu verstehen ist.

Helmut Butzmann, Hamburger Kenner und Liebhaber der neuen Musik sowie Mitbegründer der Konzertreihe "Happy New Ears", suchte für den bevorstehenden Showdown zwischen dem Amtsinhaber Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romney vorzugsweise Werke und Texte aus, die sich weniger einer geordneten Staatsform verpflichtet fühlen als vielmehr der US-amerikanischen Spielart von Anarchie.

Sein mithilfe des Ensemble Resonanz und des Thalia-Schauspielers Tilo Werner realisiertes Programm träumt sich die Weltmacht Amerika als herrschaftsfreien Raum, in dem als bestes Jagdinstrument zur Verfolgung des Glücks - jenes in der US-Verfassung verbrieften Rechts, das Amerika bis auf den heutigen Tag für Einwanderer so anziehend macht - der zivile Ungehorsam gilt. Wie ihn Henry David Thoreau im 19. Jahrhundert in seiner Waldhüttenabgeschiedenheit am Walden Pond propagierte.

Butzmann beschwört die große, ungebrochene und doch oft so schön unpatriotisch schräg klingende Vaterlandsliebe des Sonderlings Charles Ives, mit dessen fast auf den Tag genau 100 Jahre altem Wahllied "Vote For Names" zur Präsidentschaftswahl am 5. November 1912 der Abend seinen Anfang nimmt. Vier weitere Ives-Lieder, die der Hamburger Hochschulprofessor und Komponist Reinhard Flender für das Ensemble Resonanz neu einrichtete, singt der brasilianische Bariton Ronaldo Steiner im Lauf des Programms. Elliott Carter und Aaron Copland, Henry Cowell und natürlich der Pate der Neuen Musik in Amerika, John Cage, dürfen darin nicht fehlen. Als einzigen staatstragenden Autor hat Helmut Butzmann den amtierenden Präsidenten ausgewählt; Tilo Werner liest eine Passage aus Obamas Buch "Hoffnung wagen". Die Beatnik-Generation ist mit Jack Kerouac vertreten, von dem ein Brief an Allan Ginsberg verlesen wird. Der starke Trinker und starke Schreiber Raymond Carver steuert zwei Gedichte bei. Thoreaus Verdikt "The Best Form Of Government Is No Government At All", vertont von John Cage, bietet sich als geheimes Leitmotiv des Abends an.

Zu den Mitgliedern des Ensembles Resonanz treten zwei erfahrene Interpretinnen zeitgenössischen Repertoires: die Harfenistin Anna Viechtl, die auch im fantastischen Andromeda Mega Express Orchestra aus Berlin spielt, und die Sopranistin Frauke Aulbert, Hamburgs Grande petite Dame des Gesangs in der Neuen Musik.

"The American Dream" Di 6. November, 20.00, Thalia in der Gaußstraße (Metrobus 2), Gaußstr. 190, Tickets zu 20,-/erm. 9,- unter T. 32 81 44 44 und Ak.