Die amerikanische R'n'B- Sängerin Brandy hat schwere Zeiten hinter sich. Mit dem Album “Two Eleven“ ist ihr ein starkes Comeback gelungen.

Brandy bringt den Rhythm and Blues zurück. Und zwar großartig arrangiert, tanzbar, romantisch und stimmlich umwerfend stark. Die 33 Jahre alte US-Sängerin, die 1993 mit 14 ihren ersten Plattenvertrag abschloss, hat mit ihrem sechsten Studioalbum, der soeben erschienenen CD "Two Eleven", dem R 'n' B wieder frisches Leben eingehaucht. Die 15 Stücke vereinen in starken Liebesliedern klassischen Soul mit frischen Rhythmen, wunderbaren Beats und ihrer heiser-rauchigen Stimme, die sich munter durch Emotionen schwingt.

Schon das Eröffnungsstück "Wildest Dreams", die zweite Single-Auskoppelung, präsentiert Brandys geschmeidige Stimme so agil und wandlungsfähig, dass man weiß, warum sie mit ihr Weltruhm erlangte und alle bedeutenden Musikpreise abräumte. Der Song, eine von starken Rhythmen getriebene Ballade, die mit warmen Pianoklängen und Jazz-Bläsern unterlegt wurde - ähnlich wie Songs aus den 90ern, nur viel opulenter und moderner arrangiert - ist eine Hommage an ihren neuen Gefährten. Wenn sie mit ihrem vollen Alt "hold me clo-u-o-ose" jauchzt und dabei durch drei Stimmlagen taumelt, fühlt man sich an allerallerbeste Soulzeiten erinnert, solche, die Aretha Franklin, Chaka Khan oder Mary J. Blige geprägt haben.

Ähnliches gilt für Songs wie "Without You", ein Liebeslied mit kräftigen Beats und Klavierbegleitung, in dem sie "I'm nothing without you" haucht und krächzt, sich in tiefe Stimmlagen herunterschraubt und höchste Hymnen aufschwingt, dass man schier ergriffen ist von ihrer Musik, oder "Wish Your Love Away", einem Adieu an ihren Ex, der mit fingerschnippendem und ohrwurmtauglichem Refrain direkt ins Gefühlszentrum zielt.

Liebe ohne Kitsch ist das - pures Gefühl mit Biss und ohne jene schmalzigen Schmachter, die den R 'n' B in den vergangenen Jahren oft unsäglich verklebt haben. Brandy hat Autoren, Produzenten und Arrangeure wie Frank Ocean, Mario Winans und Chris Brown für ihr Album gewonnen. Musiker, die auch das Dance-Genre neu beleben können, zu dem man derzeit leider fast nur noch Elektro zählt, statt der treibenden Grooves, wie sie einst schwarze Musiker wie Stevie Wonder, Isaac Hayes oder Marvin Gaye erfunden haben. Auf ihren Spuren wandelt nun Brandy, singt mit Coolness vom Feuer in "What You Need", in dem sie ähnlich futuristisch begleitet wie in "Do You Know What You Have" von der Liebe singt. Einer Liebe, die mal auf dem Küchentisch praktiziert wird oder unmissverständlich beendet ist und trotzdem weiterbrennt.

Brandy trägt seit dem Tod von Whitney Houston am 11. Februar (das Datum ist auch Brandys Geburtstag und erinnert mit dem Titel des Albums an jene beiden für die Künstlerin wichtigen Daten) den Titel der "R-'n'-B-Prinzessin" zu Recht. Sie hat nach frühen Höhenflügen schwere Jahre hinter sich, in denen sie einen von ihr verursachten Autounfall mit Todesfolge, eine schmerzliche Trennung vom Vater ihrer Tochter, Magersucht und den Rauswurf von ihrer Plattenfirma durchlitt. All das findet sich nun in ihrer sehr erwachsenen, sehr fraulichen Altstimme wieder, die geschmeidig Schlüpfriges intoniert wie "Slower", einem echten Betthüpfer, der allerdings freudiger, hibbeliger und weniger anzüglich klingt als bei ihrer Kollegin Rihanna, oder einer ehrlichen Ballade wie "No Such Thing As Too Late". Ein wunderbar sanftes, geradezu karibisch klingendes Uptempo-Stück über die wahre Liebe, "Music", in dem sie so klar und offen in den Tönen schwelgt, könnte zum klassischen Kaminfeuer-Musik-Repertoire werden. "I'm Crazy About You" wurde selten so freudig intoniert.

"Ich habe nicht mehr an mich geglaubt", hat Brandy kürzlich in einem Interview gesagt, "Ich war vier Jahre lang weg, war unsicher." Mit dieser Platte, die in den US-Charts auch schon auf Platz zwei rangiert, hat sie ein großartiges Comeback geliefert. "Sie fühlt sich an wie meine erste Platte". Für die hat sie immerhin viermal Platin bekommen. Nicht nur ein oder zwei Songs überzeugen, es lohnt sich, das Album wieder und wieder aufzulegen. So schöne Liebeslieder, so stark emotionalisierte, rhythmisch geprägte Songs hört man nirgendwo anders. Die Texte sind wunderbar. Und die Stimme, ja, die Stimme, mit der kann keine andere schwarze Sängerin derzeit mithalten. Bewegend, ergreifend und dann auch wieder sehr fröhlich. Einfach schön.

Brandy: "Two Eleven" (Sony Music); www.4everbrandy.com