Moderatorin Claudia Kleinert ist durch Zufall zum Wetter gekommen. Sie erklärt den Zuschauern die Weltlage aus meteorologischer Sicht.

Sie sitzt da wie eine Sphinx. Sehr aufrecht, vor sich eine Tasse Cappucchino, die Professionalität in hübscher Person. "Brrr, ganz schön kalt heute", sagt Claudia Kleinert zur Begrüßung und macht damit jeden noch so kleinen Versuch zunichte, wenigstens fünf Minuten nicht übers Wetter zu reden. Dabei ist diese Art Selbstzensur keinesfalls nötig. "Ich find's eher lustig. Wetter beschäftigt nun mal jeden", sagt Kleinert, die seit 13 Jahren das Wetter im Ersten präsentiert. Was sie zu einer Institution macht wie "Tagesschau"-Sprecher, "Sportschau"-Kommentator, "Wetten dass ..?"-Moderator. Kleinert erklärt dem Zuschauer die Weltlage aus meteorologischer Sicht. In Zeiten von Schneestürmen, Hochwasser und böhmischen Winden steht sie in einer Wetterkulisse aus Balkendiagrammen und Farbrastern und klärt die so banalen wie dringlichen Fragen des Alltags: Kann ich am Wochenende den Grill anschmeißen? Brauche ich einen neuen Regenmantel? Wohin soll ich verreisen? Kleinerts Tante will regelmäßig zwei Monate im Voraus wissen, ob sie den Sylt-Urlaub buchen soll. "Aber da könnte ich genauso gut die Glaskugel rausholen", sagt Kleinert.

Für ihre Berufsbezeichnung hat sich der Begriff "Wetterfee" eingebürgert, der klingt, als zaubere sie Schneeflöckchen vom Himmel. Als "Prinzessin unter den Wetterfröschen" hat sie die "Süddeutsche Zeitung" bezeichnet, in ihrer früheren Heimatstadt Köln war sie gern die "Mutter des Wetters". Dabei ist die gelernte Bankkaufrau und Diplom-Betriebswirtin eine Quereinsteigerin, die per Zeitungsinserat mitbekam, dass der Reise- und Wetterkanal in Düsseldorf Moderatorinnen suchte. Claudia Kleinert suchte vor allem einen Job, um ihr Studium zu finanzieren. Der Virus Moderation allerdings ließ sie nicht mehr los. Heute zeichnet sie neun bis zwölf Sendungen täglich auf, das Wetter nach den "Tagesthemen" ist der Höhepunkt nach einem langen Arbeitstag, der den Adrenalinspiegel noch einmal hochpeitscht. Was ihr besonders gefällt? Wissen zu vermitteln. Und Abwechslung. "Zwei Wochen Sonne sind nicht nur langweilig, sondern auch fürs Moderieren furchtbar, weil ich keine Ahnung mehr habe, was ich erzählen soll", sagt Kleinert und lacht ihr positives Cheerleader-Lachen. Gern würde sie sich in ihren Moderationen mehr freuen über das Wetter, aber da verlangt ihr Arbeitgeber Neutralität. "Für die Schulkinder werden die Ferien jetzt richtig schön", rettet sie sich manchmal aus der Affäre. Denn Kleinert ist, metaphorisch gesprochen, weniger der Schlechtwetterwolkentyp als ein wandelndes Stimmungshoch.

Sitzt man ihr gegenüber, wirkt sie (trotz absurd hoher Stiefelabsätze) nicht halb so groß wie auf dem Bildschirm. Die Figur ist pilatesgestählt, der Teint frühstücksflockengesund. "Mittlerweile bin ich, wie ich bin", sagt sie, als es um öffentlich-rechtliche Kleidervorschriften und kamerakompatibles Aussehen geht. Bedeutet: Wenn Kleinert eine Lederleggins im Fernsehen anziehen möchte, tut sie es auch. Wohl wissend, dass sie sich am nächsten Tag durch einen Batzen E-Mails ackern muss. "Wie sahen Sie denn bitte schön wieder aus?" heißt es in der einen, "Wo kann man das Outfit kaufen?" in der anderen. Nun ist es nicht so, dass Kleinert tragen kann, was immer ihr gefällt. Sie muss an die Greenbox denken, vor der sie steht (keine grünen Klamotten), an die dank Strömunswinden papageienbunte Wetterkarte (nichts Buntes), an die Kameraauflösung (keine Karos). "Für mich ist es schwieriger als für einen 'Tagesschau'-Sprecher. Ein Kleid, das von vorne toll aussieht, sieht von der Seite manchmal aus wie ein Zelt", sagt sie.

Im bevorstehenden Maledivenurlaub mit ihrem Bruder wird Kleinert über Dinge wie diese keine Sekunde nachdenken. Sie wird aus dem Flugzeug steigen, in die Sonne blinzeln und sich augenblicklich entspannen. "Das Dauergrau im Herbst macht mich auch schlechtlaunig", sagt sie. Wenn Kleinert könnte, würde sie gewiss ein paar Sonnenstrahlen mit nach Hause bringen. Aber leider macht Claudia Kleinert das Wetter nicht, sie sagt es nur an.