Chad Harbach schreibt mit “Die Kunst des Feldspiels“ einen meisterlichen Sportroman

Hollywood, George Clooney, Big Mac, Beyoncé, Mad Men, Disneyland und Spider-Man: Amerika ist die kulturelle Hegemonialmacht des Westens, das lässt sich lässig kaugummikauend sagen, während Madonna aus den Boxen plärrt und dank irgendeines Internet- Streames auf dem Notebook NBA-Basketball läuft. Und doch gibt es, da ist der Sport ein gutes Stichwort, einen Graben zwischen Europa und den USA, der Neuen und der Alten Welt. Eine kulturelle Grenze des Verstehens und Nachahmens, des Austauschs und des Gleichklangs. Sie verläuft in der Gemarkung eines Baseball-Felds, und damit wären wir bei Chad Harbachs viel gelesenem Roman "Die Kunst des Feldspiels". Der handelt von Baseball.

Wer versteht schon Baseball? Kein vernünftiger Mensch, oder? Dennoch hat das jetzt auf Deutsch vorliegende Buch auch hierzulande Leser verdient: Auch wenn sich weite Teile der Handlung nur mit Begriffen wie "First Baseman", "Infielder", "Shortstop", "Inning" oder "Second Base" beschreiben lassen. "Die Kunst des Feldspiels" ist ein Genreroman, eine Sportlergeschichte, die auf typisch amerikanische, nämlich filmische Weise von Geschehnissen an einem College im Mittleren Westen berichtet.

Im Zentrum des Plots steht der eher unscheinbare Henry Skrimshander, der über genau das verfügt, was die Grundlage der meisten Heldengeschichten ist: ein Talent. Er kann werfen, und er kann fangen. Seine Leidenschaft spiegelt sich in der Leidenschaft seines Kommilitonen Schwartz, die Befähigung Henrys zur Perfektion zu bringen. Schwartz will Henry zum Star machen, und deswegen laufen die beiden Stadionrunden in aller Herrgottsfrühe.

Es geht um Passion, um den Glauben an das große Ziel und die sehr amerikanische Zuversicht, sich selbst verwirklichen zu können. Und auch um die Freiheit, noch einmal ein völlig neues Leben zu beginnen. Auf seine alten Tage verliebt sich der Uni-Rektor und Melville-Forscher Guert Affenlight in einen Studenten - und beginnt ein Verhältnis.

Chad Harbachs Figurenzeichnung ist wirklich meisterlich, die Psychologie nicht allzu aufdringlich: Natürlich beginnt die Handlung erst dann richtig, als Henry, das Wunderkind, plötzlich jeden Wurf versemmelt. Bei Harbach dagegen sitzt jeder Satz, weswegen man atemlos weiterliest. Großer Sport.

Chad Harbach: "Die Kunst des Feldspiels". Übers. v. Stephan Kleiner u. Johann Christoph Maass. Dumont. 607 S., 22,99 €