Zumindest symbolisch: Aus Protest gegen die Erhöhung der Gema-Tarife demonstrieren Klubbetreiber und Politiker auf dem Spielbudenplatz

Hamburg. Um fünf vor fünf am Donnerstagnachmittag läuten Trauerglocken auf dem Spielbudenplatz. Schwarz gekleidete Menschen stehen mit Kränzen um einen Sarg herum, auf dem in großen Lettern "Gema stoppen" geschrieben steht.

Etwa 300 Demonstranten haben sich auf St. Pauli versammelt, um zum bundesweiten Aktionstag gegen die Gema-Tarifreform ihren Stadtteil symbolisch zu Grabe zu tragen. Das sind zwar weniger, als es sich die Veranstalter erhofft haben. Aber durchaus genug für einen Trauermarsch. Es geht um die Zukunft des Kiezes, da sind sich die Männer und Frauen sicher.

Mit den neuen Gema-Tarifen, die im April kommenden Jahres in Kraft treten sollen, werden die Lizenzgebühren, die jeder, der öffentlich Musik spielt, die von Gema-Mitgliedern geschrieben wurde, stark ansteigen. So stark, dass die Initiative "Gema stoppen" ein regelrechtes Klubsterben befürchtet, wenn die Verwertungsgesellschaft, die bundesweit etwa 65 000 Mitglieder vertritt, ihre Forderungen nicht anpasst.

Um ihren Sorgen Gehör zu verleihen, haben sich Klubs wie die Große Freiheit 36, die Wunderbar, das On Air und Susis Showbar mit der Interessengemeinschaft St. Pauli und dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga zusammengeschlossen.

Die Gema beteuert zwar, dass sie nicht mehr als zehn Prozent der Eintrittsgelder kassieren will. Doch die Sorge ist groß, dass dieser Betrag in der Realität weit überstiegen wird. Um von der Härtefallregelung zu profitieren, die die Gebühren auf das von der Gema genannte Maß von zehn Prozent verringert, müssten Veranstalter für jeden einzelnen Abend schriftlich nachweisen, dass sie zu viel bezahlt haben. Das bedeute wiederum Verwaltungsaufwand, der zu weiteren Kosten führen würde. Bislang zahlen Klubs und Diskotheken meist Jahrespauschalen. Diese sind zwar auch im neuen Tarif vorgesehen. Doch fallen sie eben um ein Vielfaches höher aus als der Betrag, mit dem die Veranstalter zurzeit kalkulieren.

Und so zeichnet ein "Reverend Roosen" als Trauerredner vor dem an der Ecke Davidstraße aufgeschütteten Grab auch ein entsprechend düsteres Bild der Zukunft. Er spricht von einem "Verwaltungs-Godzilla", der durch "unsere Straßen trampelt" und "die Kontrolle über die Musik erlangen" will. Und schließt mit den Sätzen: "Es wird leise auf St. Pauli. Lassen Sie uns alle in stiller Trauer verharren." Leise Töne sind nicht die Spezialität von Olivia Jones. Die "Bürgermeisterin von St. Pauli" gibt sich streitbar. Sie will dafür kämpfen, dass ihr Stadtteil erhalten bleibt, dass die Stimmen der Demonstranten auch im Rathaus gehört werden. Doch da sind die Bedenken längst angekommen. Der Bürgerschaftsabgeordnete Farid Müller von den Grünen sagte gegenüber dem Abendblatt, man habe am gleichen Tag im Rathaus einen Resolutionsvorschlag vorgelegt, der den politischen Druck auf die Gema erhöhen solle. Die SPD habe bereits Unterstützung signalisiert.

Müller glaubt, dass sich auch die anderen Hamburger Parteien der Forderung nach Nachbesserung anschließen werden: "Hamburg kann nicht ohne seine Liveklubs." Und die seien vom Diskothekengeschäft abhängig. Nur mit diesen Einnahmen könnten die Veranstalter auch weiterhin Konzerte anbieten. "Wir müssen dafür kämpfen, dass die Gema-Tarife für die Klubs bezahlbar bleiben." Müller gibt sich aber optimistisch, dass es noch weitere Verhandlungen geben werde, die am Ende zu einem für alle Seiten akzeptablen Kompromiss führen würden.

Auch der Bürgerschaftsabgeordnete Hansjörg Schmidt von der SPD ist zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommen kann, "wenn die Gema auf die Klubbetreiber zugeht". Das sei nötig, denn: "Es sich mit allen zu verscherzen ist nicht so gut."

Kiez-Ureinwohner, Sympathisanten, Politiker und alle anderen, die sich an der Demonstration beteiligt haben, eint eine Hoffnung. Die, dass sich die Inschrift auf dem Grabstein - "Auf St. Pauli gehen die Lichter aus" nicht bewahrheiten möge.