Shakespeare hat sie bereits in der Jugend gelesen, im Lindgren-Klassiker gelingt der jungen Frau ein starkes Bühnendebüt.

Hamburg. Alles an der quirligen "Pippi Langstrumpf" im Theater für Kinder ist echt und spontan. Ihre Darstellerin Julia Hell braucht keine knallige Zopfperücke zu tragen. Sie ist von Natur aus mit einem rotblonden Lockenkopf gesegnet. Spielend, tanzend und singend erobert sich das zierliche Energiebündel im Handumdrehen die großen wie kleinen Zuschauer. Die vielseitig begabte Nachwuchsschauspielerin ist unbestritten der Spielmotor und bezaubernde Mittelpunkt in Claus Gutbiers Musical-Neuinszenierung nach Astrid Lindgrens Weltbestseller in der hanseatischen "Villa Kunterbunt" von Bühnenbildnerin Kathrin Kegler.

Die Freiheitsliebe und Freude am Leben teilt die 25 Jahre alte Stuttgarterin mit der Göre Pippi. Ebenso wie sie musste auch Hell rasch lernen, forsch zu sein und sich nichts gefallen zu lassen. "Die anderen Kinder haben mich wegen meiner roten Haare immer Hexe gerufen", erzählt sie und lacht jetzt darüber. "Ich habe aber schnell gelernt, mich zu wehren, dann lief es besser. Und als die Jungs interessant wurden, war ich im Vorteil. Denn ich habe mich von den anderen Mädchen auffallend unterschieden."

Die Tochter einer Tänzerin - sie gehörte zum Ensemble von John Crankos legendärem Stuttgarter Ballett - ist ein geborenes Theaterkind. "Ich wollte immer zur Bühne, habe mit zehn im Spielkeller zu Hause schon Theater gespielt und dann in der Schule." Natürlich hat sie auch Ballettunterricht bekommen. "Ich hörte mit 13 Jahren auf, fing dann aber wieder mit 19 an", erzählt Hell und meint spitzbübisch: "Für Ballett muss man Masochistin sein, auf den Drill hatte ich auch keine Lust."

Viel lieber liest sie. Die gelernte Buchhändlerin begeistert sich für Literatur und Sprachkunst. "Ich habe schon früh alle Stücke von Shakespeare verschlungen." Bedauerlicherweise können das heute nur wenige Schauspielschüler von sich behaupten. Deshalb möchte Hell unbedingt an eine Sprechbühne, obwohl sie gerade ihre Ausbildung an Hamburgs Joop van den Ende Academy als Musicaldarstellerin beendet hat und natürlich Baby in "Dirty Dancing" auf die Bretter legen könnte.

Hinter ihrem bezwingenden Charme und Schalk sind jedoch die Disziplin, der Ehrgeiz und unbedingte Wille einer Tänzerin zu spüren. Sie weiß genau, was sie will, macht sich auch keine Illusionen: "Ich will immer weitermachen und nicht stehen bleiben. Denn meine Ausbildung ist noch lange nicht zu Ende."

Ist die Pippi ihre Lehrprobe? "Nicht ganz, ich habe das Engelmädchen in Robin Broschs Inszenierung des 'Kölner Domspiels' von Michael Batz gespielt." Aber die Pippi ist ihre erste Hauptrolle. Hells große ausdrucksvolle Augen strahlen. "Ich hatte ehrlich Schiss am Anfang, aber weil ich die Pippi bin, sind die Kinder auf meiner Seite und unterstützen mich. Wenn sie rufen 'Da ist die Pippi', sind alle Müdigkeit und der Muskelkater vergessen. Man bekommt von den Kindern so viel zurück, da geht einem das Herz auf."

Pippi Langstrumpf: bis 31.1.2010, Mi, Do, Fr, jew. 16 Uhr, Sa u. So 14.30 Uhr, Theater für Kinder, Karten unter T. 38 25 38 oder im Internet unter www.theater-fuer-kinder.de