Die angesagten Shopseeing-Touren in Blankenese oder auf St. Pauli verbinden Einkaufen mit Einsichten

Schon 1852 notierte ein unbekannter Tourist: "Die Blankeneser sind doch ein ganz abgesonderter Stamm." Und noch heute sind vor allem den Hamburgern selbst die Bewohner des Elbvororts durchaus suspekt, zu schnöselig, zu reich, zu etepetete. Das dürfte an den Immobilienpreisen in galaktischen Höhen für die herrschaftlichen Villen und die ebenso idyllisch und wie wahllos in den Süllberg hineingebauten einstigen Fischerhäuser liegen, von denen keines dem anderen gleicht. Und auch wenn die üblichen Ladenketten längst die Blankeneser Hauptstraße besiedeln, versprüht dieser noble Stadtteil in Hamburgs Westen noch immer einen ganz eigenen, fast dörflichen Charme. Das hat auch mit den vielen inhabergeführten kleinen Läden zu tun, die häufig schon über Generationen die Blankeneser mit den Dingen des täglichen Lebens oder auch den schönen Dingen des Lebens versorgen und damit Traditionen bewahren.

Da ist etwa die Fleischerei Meinert, die nicht nur über den Grenzen Blankeneses hinweg für ihre Leberwurst bekannt ist, sondern auch Daunendecken und Lammfelle anbietet, oder die Fischräucherei Breckwoldt, in vierter Generation im Besitz der Familie, deren Namen man sich ohnehin merken sollte, will man sich als Blankenese-Kenner hervortun.

Der Hamburgerin Martine Thürcke hat all diese kleinen Geschäfte mit ihren Menschen und Anekdoten aufgespürt und bietet individuelle Shopseeing-Touren in Blankenese sowie auf St. Pauli und auf Nachfrage auch in Eppendorf an. "Ich will die Stadtteile jenseits der Touristenströme zeigen, das Flair vermitteln und nicht nur reines Geschichtswissen", sagt Thürcke. Bei Shopseeing sollen Touristen wie Hamburger den Stadtteil fühlen, riechen, schmecken.

So führt der Besuch etwa bei dem Blumenladen von Andrea Stark vorbei, in dem es erlesene Essige zu probieren gibt, auch beim Schlachter bekommt man eine Kostprobe, und wenn der Blick über die Elbe bis zum Alten Land reicht, serviert Thürcke ihren Gästen ein Glas Apfelsaft von Eckart Brandt, der sich zur Aufgabe gemacht hat, die alten Apfelsorten wieder in die Münder und Mägen der Menschen zu bringen. "Mir liegt auch daran, regionale Anbieter zu unterstützen", sagt Thürcke.

An (fast) jeder Ecke hält Thürcke einen kleinen Plausch, die Gäste kommen mit den Blankenesern ins Gespräch, erfahren Wichtiges und Unwichtiges. Da führt der bis zu drei Stunden dauernde Rundgang etwa zu Cornelia Weßel, die schon für Horst Janssen, dem Enfant terrible von Blankenese, Rahmen fertigte und der sich dafür mit einem Plakat bedankte, das mittlerweile in der Hamburger Kunsthalle hängt. Man schlendert über den familiären Markt, den sich die Blankeneser immerhin dreimal in der Woche leisten, im Treppenviertel führt die Tour an Orten vorbei, die Hans Albers in "Große Freiheit Nr. 7" als Kulisse dienten.

Vor allem weiß Thürcke immer eine kleine Anekdote zu erzählen, etwa die von der "Blankeneser Wäsche". Das sind nicht etwa die weißen Bettlacken, die an sonnigen Tagen in den kleinen Gärten in dem leichten Wind des Hangs trocknen, sondern kleine Fische (Scharben), die einst paarweise an den Schwanzflossen zum Trocknen an den Leinen hingen, anschließend in Leinensäcke kamen und dann bei Bedarf zu Pellkartoffeln oder unterwegs gereicht und damit zum Blankeneser Nationalgericht wurde.

Zum Schluss ist man an dem feinen Sandstrand von Blankenese angekommen und fühlt sich - Hand aufs Herz - wie im Urlaub, schnöselig hin oder her, egal ob Tourist oder Hamburger.

Shopseeing Hamburg jeden Di 10.30 Blankenese, jeden Mi 15.00 St. Pauli, Fr 15.00 und Sa 11.00 Blankenese und St. Pauli abwechselnd oder auf Anfrage unter T. 41 79 39, Karten 25,-; www.shopseeing.de