Mein Vater kam durch Männerbeschaffungsmaßnahmen nach Hamburg. Meine Mutter hatte ihn beantragt, um irgendwie zu Kindern zu kommen.

Hamburg war nicht immer eine solch männerlastige Stadt wie heute. Früher lebte man hier von der Seefahrerei, und die meisten Männer waren Matrosen und mit Schiffen unterwegs, um Fisch, Geschmeide und Geld mitzubringen. Zeit zum Zeugen blieb kaum, sodass es immer weniger Nachkommen gab. Hamburg drohte auszusterben, und schließlich befahl man den Matrosen, Männer aus dem Ausland zu beschaffen. Sie mussten nicht doll aussehen. Zeugen statt Zeigen hieß die Devise.

Da viele Männer nicht mitwollten, drückte man hier und da ein Auge zu, nahm ebenso Bären, Affen oder große Hunde mit, die man an Deck rasierte und ihnen allerlei Kunststücke beibrachte, damit der Schwindel nicht sofort aufflog.

Für einen Mann bekam man zu dieser Zeit etwa 100 Mark. Das war nicht viel. Aber in Anbetracht der Tatsache, wie viel Arbeit so ein Mann machte, nur fair. Ein Mann begann schnell zu riechen und musste ständig gewaschen werden. Außerdem behaarte und fluste er.

Mutter hatte lange auf Vater gespart, und als sie das Geld zusammenhatte, da war sie jeden Tag an den Landungsbrücken und besah sich jede neue Fuhre Männer. Doch an den meisten störte Mutter, dass sie zu sehr nach Mann aussähen. Das sei wie mit Ikea. Und so brauchte es etwas, bis sie schließlich Vater fand.

Die ersten Tage habe er nur stumm im Sessel gesessen und nach draußen gesehen. Erst mit etwas Bier und Klütenköm sei Leben in ihn gekommen, und er sei seiner eigentlichen Aufgabe nachgekommen.

Heute gibt es in Hamburg fast mehr Männer, als einem lieb ist, und es wird gezeugt, bis der Arzt kommt. Dass es einmal anders war, daran erinnert man sich am 22.12. mit einem Theaterstück in den Kammerspielen.