Die Galerie seiner Väterrollen ergänzt Michael Prelle nun mit Mendel Singer im Theaterstück “Hiob“ nach Joseph Roth

Schauspielhaus. Als junger Mann verließ der Hamburger Schauspieler Michael Prelle das Theater an der Kirchenallee, wo seine Karriere begonnen hatte. Nach 25 Jahren ist er zurückgekehrt und scheint nun auf die Väterrollen abonniert zu sein. Er spielte Miller in "Kabale und Liebe", Theobald Friedeborn im "Käthchen von Heilbronn" oder Gloster in "König Lear". In Klaus Schumachers Inszenierung von "Hiob" ist er der jüdische Lehrer Mendel Singer.

"In Berlin bin ich nicht so recht heimisch geworden, ich glaube, das geht fast allen Hamburgern so", sagt Prelle, der nach Engagements in Düsseldorf und Bonn bis 2005 am Deutschen Theater spielte. Er ist in Dulsberg und Rahlstedt aufgewachsen, stammt aus einer theaterbegeisterten Familie. An sein erstes Theatererlebnis erinnert sich der 60-Jährige noch heute: "Peter Pan" im Schauspielhaus. "Wir hatten keinen Fernseher, und ich hatte noch nie so ein palastartiges Haus gesehen. Hinter dem Vorhang tat sich eine bunte Welt auf, in der Kinder fliegen konnten. Das war ein Funke für mein Theaterinteresse."

Prelle studierte zunächst ein paar Semester Anglistik, Germanistik und Skandinavistik, bis ihm klar wurde, dass er Lehrer werden würde. "Die Schule war noch nicht so weit weg, dass mich dieser Gedanke nicht mit Schrecken erfüllt hätte." Zufällig las er im Hamburger Abendblatt in einem Jubiläumsartikel über die Musikhochschule, dass von 500 Bewerbern für den Studiengang Schauspiel nur zehn aufgenommen würden. "Ich dachte, ich probier das mal, und wenn das klappt, hast du die Chance, dass du von dem Beruf leben und eine Familie ernähren kannst." Er wurde genommen, sonst hätte er die Hotelfachschule besucht. Noch während des Studiums spielte er den Jungen in Becketts "Warten auf Godot" als erste Rolle und dann als Anfänger am Schauspielhaus in Brechts "Pauken und Trompeten" mit Monica Bleibtreu und Uwe Friedrichsen.

Der humorvoll warmherzige Bühnenkünstler sieht sich eher als Komiker, was er hier bis jetzt noch nicht so recht zeigen konnte. Was Prelle allerdings zeigen konnte: Selbst in missratenen Inszenierungen versteht er es, für sich und seine Figur Lösungen zu finden, in denen er gut dasteht und doch die Balance zur Aufführung wahrt. Nicht nur, weil er ein glänzender Sprecher mit charakteristisch sonorem Timbre ist, er gibt seinen Figuren eine natürliche Überzeugungskraft. "Ich leiste Überzeugungsarbeit bei den Regisseuren, dass ich es so machen kann, wie ich will", erklärt er schmunzelnd.

Wie nähert er sich Mendel Singer an, dieser ihm fernen, gottgläubigen Figur? "Mit großer Behutsamkeit. Ich muss sie zwar vertreten und begreifbar machen, aber nicht in allem ihrer Meinung sein." Wie bei aller großen Literatur stelle man bald fest: "Mendel Singer stellt Fragen, die wir uns alle in gewissen Lebensmomenten stellen."

"Hiob" Premiere Sa 19.11., 20.00, Schauspielhaus (S/U Hbf.), Kirchenallee 39, Karten zu 14,50 bis 62,50 unter T. 24 87 13; www.schauspielhaus.de