Opernsängerin Angela Denoke bestreitet einen Abend mit Schlagern und Chansons der 20er- und 30er-Jahre

Staatsoper. Wer Angela Denoke vor 35 Jahren hören wollte, musste nicht weit fahren: Sie tingelte mit der Kapelle ihres Vater durch die Gasthöfe rund um Stade, sie sangen und spielten Tanzmusik. Heute, 49 Jahre alt, ist die Sopranistin zwar immer noch in Stade zu Hause. Inzwischen ist sie aber hochgelobter Star auf den großen Opernbühnen der Welt - Scala, Wiener Staatsoper, Salzburger Festspiele, Covent Garden in London, Liceu in Barcelona, Madrid, Berlin, San Francisco, Chicago. Und an der Hamburger Staatsoper, in der Stadt, wo sie erst Schulmusik studierte und dann Gesang. Hier tritt sie heute Abend mit einem Programm unter dem Titel "Von Babelsberg bis Beverly Hills" auf - mit Schlagern und Revuemusik aus den 20er- und 30er-Jahren, geschrieben von Theo Mackeben, Kurt Weill, Peter Kreuder oder Friedrich Holländer, damals gesungen von Marlene Dietrich oder Zarah Leander.

Gebucht wird Angela Denoke normalerweise für Partien wie die Marschallin im "Rosenkavalier", die Salome, die Sieglinde in der "Walküre", die Elsa im "Lohengrin", die Kundry im "Parsifal" - hochdramatische Frauenfiguren, die wie geschaffen sind für eine Sängerin, der das Schauspielen neben dem Singen immens wichtig ist und der Kritiker nachsagen, sie steige tief in die Psychologie der Figuren ein und gebe dann immer ein bisschen mehr als alle anderen auf der Bühne.

In Salzburg war das in diesem Sommer zu bewundern in der Janacek-Oper "Die Sache Makropulos", wo sie in der Rolle der Emilia Marty Triumphe feierte. In Salzburg hatte auch, nach Jahren in den Ensembles von Ulm und Stuttgart, 1997 ihr internationaler Durchbruch begonnen, da war sie 36. "Es hat mich eher so überrollt, als dass ich das geplant hätte." Sie sang vor für die Erste Dame in der Zauberflöte, hatte auf Anraten ihres Agenten aber auch die Marie aus Alban Bergs "Wozzeck" dabei - und wurde dafür engagiert, und für Janaceks "Katja Kabanova" im nächsten Jahr gleich mit.

Von da an konnte sie sich ihre Rollen aussuchen - "die meisten kommen irgendwie auf mich zugeschwebt", erzählt sie im Abendblatt-Gespräch. Sie versuche nur, für jede Rolle den richtigen Zeitpunkt in ihrer stimmlichen Entwicklung zu treffen. Nicht ganz einfach bei einer Planung von mehreren Jahren im Voraus. Und sie achte darauf, dass es Rollen sind, die auch schauspielerisch erfüllt werden müssen. Angela Denoke liebt die Arbeit mit Regisseuren, denen das ebenso wichtig ist wie ihr, die sie immer wieder herausreißen aus der Routine. "Als Opernsängerin hat man ja ein Repertoire von Gesten, mit denen man auf großen Bühnen das Publikum erreicht. Deshalb liebe ich Regisseure wie Marthaler, die mich immer wieder aufstören, die mir aber auch genau vermitteln können, warum ich etwas so oder so darstellen soll. Und wenn ich da von etwas nicht gleich überzeugt bin, frage ich nach, da bin ich diskussionsfreudig. Das macht die Arbeit dann ja auch spannend."

Das "Babelsberg/Beverly Hills"-Programm hat sie aus einem Friedrich-Holländer-Song entwickelt, den sie bei Liederabenden als Zugabe gesungen hat: "Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre ..." Karl-Heinz Steffens, ehemals Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker, sagte ihr irgendwann: "Davon musst du mehr machen", er besorgte auch die Jazz-Musiker dafür. Sie stellten das Programm zusammen und stellten irgendwann auch dessen ernsten Hintergrund fest: Fast alle diese Komponisten mussten Deutschland während des Nazi-Terrors verlassen.

Und trotzdem: "Das ist ein richtiger Lust-Abend", freut sie sich. Ihre Begleitmusiker improvisieren viel, "kein Abend ist wie der andere", sagt Angela Denoke. Sie selbst singt diese Schlager und Chansons nicht mit ihrer Opernstimme, "eher wie ein Schauspieler, der nicht ausgebildeter Sänger ist - eine Art Sprechgesang, das trifft es am ehesten". Zwischendurch blitzt aber schon ihre ganze stimmliche Bandbreite auf. "Die Lieder erfordern bestimmte Ausdrucksmöglichkeiten, ich singe in einer anderen Welt. Aber ich verleugne meine Stimme auch nicht."

Mit diesen Programmen - in Salzburg hat sie im Sommer auch einen Kurt-Weill-Abend bestritten - hat sie schon die großen Opernhäuser in Barcelona, Madrid oder München gefüllt. "Es ist erstaunlich", sagt sie, "wie direkt diese Musik die Menschen trifft. Und was Deutschland in der Nazi-Zeit an musikalischer Substanz verloren gegangen ist." Wer Angela Denoke als Opernsängerin will, muss warten bis März 2012 - da singt sie in der Staatsoper die Lisa in "Pique Dame".

Angela Denoke: Von Babelsberg bis Beverly Hills Mo 7.11., 20.00, Staatsoper (U Gänsemarkt), Dammtorstraße, Karten zu 12,- bis 42,-