Thomas Hengelbrock und das NDR Sinfonieorchester mit Michael Haydn und Bruckner

Laeiszhalle. Eben erst haben Thomas Hengelbrock und das NDR Sinfonieorchester ihre erste gemeinsame Saison mit Musicalklängen, Federboa und Lichtshow eingeläutet, wenig später baten sie zu einem Abend von fast sakraler Strenge.

Der Kontrast ist Programm; schließlich will Hengelbrock die stilistische Bandbreite des Orchesters in alle Richtungen ausweiten. So setzte der neue Chef in der Laeiszhalle den romantischen Sinfoniker Anton Bruckner in Beziehung mit Michael Haydn, Josephs Bruder, der als Kirchenmusiker Mozart ebenbürtig ist und Bruckner maßgeblich geprägt hat.

Die Anklänge an Mozarts Requiem waren denn auch unüberhörbar - nicht nur in Haydns Missa Quadragesimalis, sondern auch in Anton Bruckners Requiem, einem Jugendwerk, entstanden gut ein halbes Jahrhundert nach der Missa: von den pulsierenden Bässen über den archaisch-entrückten Klang der Barockposaunen bis zu den Seufzermotiven. Hengelbrock verschmolz die Musiker und den erstaunlich groß besetzten NDR-Chor zu einem durchhörbaren, wunderbar dunkel timbrierten Ganzen. Auf jede Nuance reagierte dieses atmende Wesen. Schade nur, dass im Chor gelegentlich klangliche Unebenheiten auftraten.

Bruckners 6. Sinfonie nahm Hengelbrock so straff und frisch wie eine Naturschilderung. Ganz unschuldig wirkte die Musik. Auf Wiener Schmäh, weihevolles Pathos oder Überwältigungsgesten wartete man vergeblich in dieser luziden Fassung - um den Preis, dass gegen Ende der Spannungsbogen etwas durchhing.

"Ein Konzert ist für mich nie ein Endpunkt", hatte Hengelbrock in der Einführungsveranstaltung gesagt. "Die Reise geht immer weiter." Am Sonntag spielen sie's noch mal. Mal hören, wo sie dann sind.