Hamburg. "Tanzen, Singen, Spaßhaben", das sei die Quintessenz seiner Musik, verriet der türkische Klarinettist Selim Sesler jüngst dem Norddeutschen Rundfunk. Wie das konkret aussieht, konnte man in Fatih Akins Film "Crossing the Bridge" sehen: In einer überfüllten Kneipe, wo ab und an ein ekstatischer Bacchant aufspringt, um ihm einen dicken Schmatzer auf die Wange zu drücken, befeuert Sesler dort ein zünftiges Besäufnis.

Was passiert, wenn man diese Musik nach Norddeutschland verpflanzt, war am Freitag bei Seslers Open-Air-Konzert hinter dem Museum der Arbeit zu erleben: nämlich zunächst einmal gar nichts. Die Temperaturen waren unangenehm kühl, das Publikum größtenteils hanseatisch gesittet und die Tontechnik sträflich schlecht vorbereitet.

Dabei hatte Sesler eine großartige Truppe dabei: Der Perkussionist Rüstem Cenbeli ist so eine Art türkischer Charlie Watts - nur dass er öfter lächelt. Unerschütterlich trieb er mit scharfen, knallenden Rimshots auf seiner Davul die Musik voran. Die Stars des Abends aber waren die Hüften (und die Vocals) von Frontfrau Esra Arslan und der durchdringende, erregende Klarinettenton von Selim Sesler.

Was der "Coltrane der Klarinette" und seine Mitstreiter draufhaben, zeigte sich vor allem in den improvisierten Abschnitten, wo die Melodie über einem dichten Teppich aus Rhythmus sich in engen Windungen wie irre im Kreise dreht. Auch dank der sympathischen Moderation des Hamburger Jung Bülent "Bedo" Kayaturan gelang es Sesler & Friends so zu guter Letzt doch, selbst fröstelnde Hanseaten von den Sitzen zu holen.