Als mein Cousin auf den Mond geflogen ist, da schrieb er uns Ansichtskarten, auf denen stand, er habe Heimweh. Karten, die ihn auf dem Mond zeigten. Mal liegend im Astronautenanzug, dann wieder im Hawaiihemd in der Kapsel mit seinen Astronautenkollegen, wie sie schwebendes Bier aus der Luft tranken. Es wäre sehr einsam dort oben und dann nur Männer. Man könne sich nicht waschen, und er hätte schon Schmerzen in den Wangen vom ständig Essen durch Schläuche saugen. Manchmal weine er und könne sehen, wie seine Tränen durch das Raumschiff flögen. Diesen Satz hatte er wieder durchgestrichen.

Mein Cousin Jörg hatte immer auf den Mond fliegen wollen, schon früh. Doch niemand traute es ihm recht zu. Allein um Radfahren zu lernen hatte er länger gebraucht als alle anderen, er beherrscht es heute noch nicht richtig. Oft lag er quer auf einem Tisch und probte das Schweben. Saugte Labskaus geräuschvoll durch einen Gartenschlauch. Aus einem Lampenschirm und einem Overall fertigte er sich einen Raumanzug, in dem er oft bei Familienfesten auftauchte. Das Visier beschlagen, und wenn er etwas erzählte, verstand man es nicht. Deshalb hatte er Schnüre mit Pappbechern daran befestigt, diese musste man sich ans Ohr halten oder hineinsprechen. Ständig fiel er und lag dann hilflos wie ein Käfer auf dem Boden. Kurzum - ich konnte mir nicht vorstellen, wie er dem Mond zunütze sein sollte.

Er sei jetzt in einem Trainingscamp, erzählte er. Und eines Tages war er dann tatsächlich fort. Von nun an stand meine Tante nachts viel im Garten, sah den Mond an. Winkte. Jörg, flüsterte sie.

Nach Wochen trafen die ersten Karten ein. Viele Grüße vom Mond, war vorne draufgedruckt. Hinten stand, unansehnlich, Jörg.

Die Hamburger Band Homesick Astronauts soll sich nach meinem Cousin benannt haben. Sie spielen am 9. 7. im freundlich + kompetent.

Vielleicht kommt Jörg.