Das Chinesische Nationalballett tanzt bei den 37. Hamburger Ballett-Tagen “Die Rote Laterne“ in Perfektion - aber die ist leider nicht alles.

Hamburg. Wie im Film, so auf der Bühne: Leise rieselt der Schnee, während das Schicksal bereits seine Opfer gefordert hat. "Die Rote Laterne" heißt der Film von Zhang Yimou, der in China wegen seiner kritischen Haltung lange Zeit verboten war, nun wurde er erstmals in Deutschland als Ballett aufgeführt. Das Chinesische Nationalballett tanzte es im Rahmen der 37. Hamburger Ballett-Tage und wurde dafür vom Publikum begeistert gefeiert.

Raffinierter und ästhetischer sind Tableaux, Kostüme und Bühnenbilder eines Balletts kaum denkbar. Auch tanztechnisch ist die Geschichte eines jungen Mädchens (Lu Na), das gegen seinen Willen mit einem Mandarin (Huang Zhen) verheiratet wird, vorzüglich. Die chinesischen Tänzer verbinden Perfektion mit fließenden Linien. Und sie beherrschen alles, was ein Balletterlebnis zum Ereignis werden ließe - wenn das, was sie tanzen, einen im tiefsten Grund berührte. Wenn Schrittkombinationen, Sprünge und Begegnungen nicht Effekten, sondern Stimmungen und Gefühlen dienten.

Wenn sie uns erzählten, wie es um die Frauen in ihrem Luxusgefängnis bestellt ist, wie sie lieben, leiden, intrigieren um die Gunst des Mandarins. Die Bedeutung des Titels "Die rote Laterne" wird im Ballett ohnehin nicht deutlich. Jeden Abend nämlich lässt der Mandarin vor den Räumen der jeweiligen Favoritin für eine Nacht eine Laterne entzünden. Wenn die erste, verschmähte Konkubine in zierlicher Rage Lampions zerstört, dann macht das lediglich schöne Wirkung, mehr nicht.

Film und Ballett direkt zu vergleichen ist in diesem Fall legitim, weil Zhang Yimou selbst Libretto, Regie und Licht für die Bühnenfassung geschaffen und leider auch verharmlost hat. Während das Ende in bester Hollywoodkitsch-Manier zu sämiger Musik von Qigang Chen vom Band und einem eher leidenschaftslosen Pas de trois des mit allen westlichen Tanzstilen vertrauten Choreografen Wang Yuanyuan vorbereitet wird, wird es richtig aufregend in der Begegnung von kraftvoller Peking-Oper als Ballett im Ballett und dem züchtigen Pas de deux der heimlich Liebenden. Zwei Welten treffen hier aufeinander und schaffen ein Spannungsfeld, von denen es nur wenige gibt. Ohnehin ist der erste Teil des Balletts in seinem erzählerischen Fluss sehr viel bewegender, dramaturgisch überzeugender und bildstärker. Man ist hin- und hergerissen beim Sehen, beeindruckt vom technischen Können, fasziniert vom Fremden und gleichermaßen ungerührt.