Für Schriftstellerin Kate Morton scheint alles mystisch - auch ihre historischen Romane verkaufen sich wie von Zauberhand.

Heymann. Für die meisten Australier ist Europa wie ein riesiges Museum: An jeder Ecke steht irgendein monumentales Bauwerk mit einer spannenden Geschichte. "Ich liebe diese urbanen historischen Traditionen, die wir hier in Australien nicht haben", sagt die Schriftstellerin Kate Morton. Also hat sie sich ihre historische Welt selbst erfunden und kann offensichtlich gar nicht tief genug darin eintauchen. Die Fangemeinde ihrer historischen Romane zählt mittlerweile Millionen Leser, allein in Deutschland beträgt die Auflage ihrer Bücher 850 000 Exemplare. Heute kommt sie zum ersten Mal für eine Lesung ihres neuen Romans "Die fernen Stunden" (ins Deutsche übertragen von Charlotte Breuer und Norbert Möllemann) nach Hamburg.

Kate Morton kann man in einem Atemzug mit Nora Roberts und Barbara Wood nennen, den derzeit erfolgreichsten Schriftstellerinnen im Segment des historischen Romans. Ihre Geschichten sind einfach gestrickt und in viel Mystik getränkt. So auch Mortons neuestes Werk "Die fernen Stunden".

Lektorin Edie Burchill aus London hat kein besonders inniges Verhältnis zu ihrer Mutter. Als die einen Brief bekommt, der ganze 50 Jahre verschollen geglaubt war, beginnt Edie, die Geschichte ihrer Mutter zu recherchieren. Dabei führt sie ihre Reise in ein heruntergekommenes Schloss namens Milderhurst Castle, in dem ihre Mutter während des Zweiten Weltkriegs Schutz bei einer adligen Familie fand und wo sie mit den drei Töchtern der Familie ein inniges Verhältnis aufbaute. Auf Edies Spurensuche vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart, an einer unglücklichen Liebesgeschichte fehlt es auch nicht. In ihrem Buch überlässt Morton nichts dem Zufall und auch nicht der Fantasie ihrer Leserinnen. Sie geht so verschwenderisch mit Adjektiven um, dass einem gelegentlich schwindlig wird. Eine Wolke ist nicht einfach eine Wolke, sie ist dampfend, bedrohlich oder wattig. Ihre Bücher bieten dem Leser aber auch die Sicherheit zu wissen, was man erwarten darf. Historische Stoffe mischt Kate Morton mit Mystik und Liebe, dem Standardrezept für einen Kassenschlager, und schafft es damit, sich selbst unter den Bestsellerautoren noch zu behaupten.

Kate Morton ist nicht nur Schriftstellerin, sie scheint in ihren Geschichten zu leben. Angefangen bei ihrer Erscheinung, denn sie sieht selbst aus wie eines ihrer übernatürlichen Wesen: lange dunkle Haare, Porzellanteint, riesige braune Augen und die meditativ-beruhigende Stimme einer Geschichtenerzählerin. Mit der sagt sie dann Sätze wie: "Als ich klein war, versteckte ich mich, um zu lesen. Es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich immer gedacht habe, es sei etwas Verbotenes." Wenn sie nicht gerade heimlich gelesen hat, erfand sie mit ihren beiden jüngeren Schwestern Gedankenspiele.

Der Schwestern-Gedanke ist neben englischen Gemäuern ihr Lieblingsthema: Schwestern haben in Mortons Universum eine spirituelle Verbindung zueinander, sie vervollständigen sich auf geradezu konspirative Weise. Ihre Leidenschaft für alte Gebäude konnte sie während ihres Literatur- und Kunstgeschichtestudiums am Londoner Trinity College ausleben. Die logische Konsequenz konnte für Morton nur sein, auch zu Hause in einem für australische Verhältnisse sehr alten Haus aus dem 19. Jahrhundert zu leben. Kate Morton ist der hübsche Overkill an Kitsch-Mystik. Und genau das lieben ihre Fans.

Kate Morton: "Die fernen Stunden" Lesung, Mo 20.30, Buchhandlung Heymann (U Klosterstern), Eppendorfer Landstraße 77, Karten 12,- unter T. 23 80 16 96; www.heymann-buecher.de