Die Produzentengalerie auf der Fleetinsel, unsere Galerie der Woche, zeigt Arbeiten von Monika Michalko in der Ausstellung “Keiner sieht alles“.

Produzentengalerie. Kann man diese Angst lieben? Glaubt man psychologischen Theorien, so trifft das auf all jene zu, die zur Fülle streben - sie leiden am horror vacui , dem Schrecken vor dem Nichts. Aber warum? Man kann sie doch lieben, die Fülle, ohne dass einem gleich die Angst vor der Leere im Nacken sitzt.

Wie zum Beispiel Monika Michalko in ihrer aktuellen Ausstellung "Keiner sieht alles" in der Produzentengalerie. Sie huldigt dem horror vacui, indem sie auf ihren Bildern, Skulpturen und Teppichen die Leere füllt: mit Hunderten von bunten Dreiecken, Rauten, girlandenähnlichen Gehängen, Halb- und Vollkreisen, Kreissegmenten, Türmen mit Aufwärtsdrang und großer Verspieltheit. Auch einen Plattenspieler hat sie ihrem ornamentalen Recycling anvertraut. Ein Schlauchboot, das ihr während eines Stipendiums sichere Ausflüge auf dem Wasser ermöglichte, taufte sie auf den Namen des Lyrikers Paul Verlaine. Jetzt "schwimmt" es mit geometrischer Zier auf dem Boden der Produzentengalerie.

Ein "all over" gemaltes Triptychon plante die Künstlerin zunächst als Einzelbild. Dann folgte der zweite, schließlich der dritte Teil. Das meterlange Gemälde füllt fast die längste Wand der Galerie auf der Fleetinsel aus.

Ein wenig erinnert Monika Michalkos Kunst an die Bild- und Gestaltungslust in der Frühzeit des vergangenen Jahrhunderts. Als ein Paul Klee die Bilder kleinteilig organisierte oder ein Constantin Brancusi Säulen unendlich in die Höhe trieb, wobei beide die Neuerschaffung der Natur im Kunstwerk verfolgten.

Oder wirkt hier im Stillen die oft ornamentverliebte Kunst der sogenannten Outsider Art? Ein Bild mit dem Text "Schizophrene Bildnerei?" legt Mutmaßungen wie diese nahe. Ihr ehemaliger Lehrer an der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HfbK), Norbert Schwontkowski, hat für ihre Kunst hingegen einen ganz anderen Begriff gewählt: Zipfelmützengeisterwelt. Subtrahiert man davon das Kindliche, kann man sich gut damit anfreunden.

Monika Michalkos Bilder überdeckt eine oft mehrfach übermalte Fläche aus kleinen und großen "Zipfelmützen", in die hin und wieder aber auch die gute alte Dreidimensionalität wie eine Geisterwelt einbricht. Mitten im Ornament-Bild eröffnet sich plötzlich ein Raum mit Sofa, Teppich und Vase, als hätte man durch eine Hausfassade Einblick in eine Wohnung.

Weitere "Tiefen"-Bilder in diesem farbigen Flächenverbund kommen hinzu, ein Ensemble orientalischer Türme, ein Zimmer sowie zwei Porträts. Und Raum ist in dieser fabelhaften Welt der Monika Michalko nicht nur für ihr erstes Bekenntnis zum horror vacui , sondern auch für ihr zweites, zum eternel féminin , dem ewigen Weiblichen.

Keiner sieht alles Arbeiten von Monika Michalko, bis 5.3., Di-Fr 11.00-14.00, 15.00-18.00, Sa 11.00-15.00, Produzentengalerie (S Stadthausbrücke, U Rödingsmarkt), Admiralitätstraße 71, T. 37 82 32; www.produzentengalerie.com