Die grandiose Dokumentation “Utopia Ltd.“ zeigt den Aufstieg der Hamburger Band 1000 Robota

Berlin. "Hamburg brennt" hieß die erste EP von 1000 Robota, dieser ebenso jungen wie überragenden Hamburger Rockband. Gestern Abend entflammte das Trio die Hauptstadt. 1000 Robota waren im Cinemaxx am Potsdamer Platz zu Gast, denn dort wurde die Reihe Perspektive Deutscher Film mit "Utopia Ltd." eröffnet. Die 90 Minuten lange Dokumentation von Sandra Trostel zeigt die ersten Schritte der Gruppe ins Musikbusiness. Monatelang waren Trostel und ihre Kamerafrau Lilli Thalgott an den drei jungen Musikern hautnah dran: in der Enge des kleinen Tourbusses, im Studio, in den verschachtelten Büros ihres früheren Labels Tapete Records, hinter, auf und vor der Bühne, beim 18. Geburtstag von Bassist Basti Muxfeldt, bei der Abiturprüfung von Schlagzeuger Jones Hinnerkort, im bunt bemalten Jugendzimmer von Gitarrist Anton Spielmann.

Trostels Film ist einerseits das Porträt einer jungen, überaus von sich selbst überzeugten Band, die den Sprung aus dem Übungsraum in die Professionalität - oder genauer: in die Semi-Professionalität - wagt, andererseits aber auch eine Reflexion darüber, mit welchen Schwierigkeiten junge kreative Köpfe zu kämpfen haben. Im Fall von 1000 Robota war das ihr erstes Label Tapete Records in Hamburg-Bahrenfeld. Trostel und ihre Kamera sind dabei, wenn vehement über die musikalische Richtung des Albums gestritten wird, und wie die Labelchefs versuchen, inhaltlichen Einfluss zu nehmen. Sie zeigt die Hilflosigkeit der Band während einer zusammengeschusterten Tournee, während der sie unter anderem bei einem Dorffest auftreten muss - also nicht gerade das, was Anton Spielmann unter einem coolen Ort versteht.

Die Dokumentation "Utopia Ltd." zeigt 1000 Robota als Gruppe mit einer klaren Haltung. Stefan Raab hatte sie für seinen Bundesvision Song Contest ausgewählt, doch die erste Zusage zog die Band wieder zurück. Was Musikerkollegen und ihr Label angesichts der hohen Einschaltquoten als "bekloppt" abtun und nicht einmal im Ansatz verstehen, kontert das Trio mit dem Hinweis, dass man nicht Karriere um jeden Preis machen müsse. Wenn Anton Spielmann davon schwärmt, dass junge Leute in den 60er-Jahren in Plattenläden gerannt seien, um sich das neue Kinks-Album zu kaufen und es dann umgehend zu Hause zu hören, schimmert eine Sehnsucht nach den analogen Zeiten durch, als nicht jede Musik über MySpace und YouTube sofort im Internet verfügbar war.

Die 34 Jahre alte Cutterin und Filmemacherin Sandra Trostel zeigt gleichfalls Haltung. Denn "Utopia Ltd." ist parteiisch. Die Dokumentation ist immer an der Seite der Band. Es gibt keine aus dem Off gesprochenen einordnenden Texte, keine Aussagen von Musikerkollegen, Journalisten oder Label-Managern über die Band.

Man merkt ihrem außergewöhnlichen Film an, wie viel Vertrauen die drei Musiker ihr entgegengebracht haben und wie viel Nähe dadurch möglich ist. Wenn Trostel Konzerte filmt, wird die Show der 1000 Robota noch größer, intensiver und wuchtiger, als sie eigentlich schon ist. Größer als das Leben - wie das Kino selbst. Insofern sind Berlin und die Berlinale genau das richtige Forum für diese kleine Band und diesen großen Film.