Eine sehenswerte NDR-Dokumentation zeigt, unter welch unwürdigen Umständen in Afrika Rosen für den Weltmarkt angebaut werden.

Hamburg. Über die Globalisierung ist schon so mancher Film gedreht worden. Dieser mit dem Titel "Die Rosen-Story" beginnt direkt vor unserer Haustür, genau gesagt vor den Toren Hamburgs in der Großgärtnerei Wilhelm Kordes' Söhne in Sparrieshoop. Hier werden bereits in fünfter Generation Rosen gezüchtet. Das Unternehmen ist führend in der Welt. Entsprechend stolz führt der 35-jährige Chef der Firma Autor Michael Richter durch seine Gewächshäuser. Bei Kordes wird per Hand bestäubt. In Sparrieshoop, so scheint es, ist die Rosenwelt noch in Ordnung.

Tatsächlich aber ist die Rosen-Branche eine knallharte Industrie, in der zum Teil unter erbärmlichen Umständen produziert wird. Denn Hauptabnehmer der Züchtungen aus Sparrieshoop sind keineswegs einheimische Gärtnereien. Beherrscht wird der Markt von riesigen Farmen in Kenia, Äthiopien, Ecuador und Bolivien, die pro Jahr Schnittrosen im Wert von 800 Millionen Euro in die EU exportieren. Mit den klimatischen Bedingungen dieser Länder können deutsche Betriebe ebenso wenig mithalten wie mit deren Kostenstruktur. Arbeiter verdienen dort mitunter nicht mehr als 32 Euro im Monat. Begriffe wie Umwelt- und Arbeitsschutz sind Fremdwörter.

Es ist das Verdienst dieser Reportage, wenige Tage vor dem Valentinstag aufzuzeigen, ein welch unromantisches, ja geradezu brutales Gewerbe der Rosenanbau heute ist. Autor Richter und sein Team haben alle Glieder der Wertschöpfungskette dieser Branche unter die Lupe genommen. Vom Zuchtbetrieb in Sparrieshoop führt sie ihr Weg auf die Großfarmen in Kenia. Von dort geht es in die Niederlande, wo die Rosen meistbietend an Großhändler versteigert werden. Schließlich verfolgt das TV-Team Lkws diverser Speditionen auf ihrem Weg zum Einzelhandel. Die Reise endet schließlich in einer Lübecker Lidl-Filiale, wo ein Strauß Rosen zum Schleuderpreis von 1,99 Euro angeboten wird.

Der Schwerpunkt der Reportage liegt aber auf dem Rosenanbau in Kenia. Die Großfarmen, die zumeist in deutscher, niederländischer und indischer Hand sind, haben sich dort vor allem um den Naivashasee angesiedelt. Zum Rosenanbau benötigt man viel Wasser. Offenbar werden von den Farmen aber auch Abwässer ungeklärt in den See geleitet. Erst kürzlich ist er umgekippt - nicht nur zum Leidwesen der einheimischen Fischer.

Nahe dem Naivashasee betreibt auch der indische Weltmarktführer Karuturi eine Großfarm. Im Schlepptau des Rosenzüchters Kordes kann Richter sie besuchen. Er sieht, wie in einem Treibhaus Arbeiter in Schutzanzügen in einer Ecke hochgiftige Pestizide spritzen, während in einer anderen Arbeiterinnen ungeschützt Rosen ernten. Es handele sich um Pflanzenschutzmittel der vergleichsweise harmlosen Kategorie IV, erklärt ihm der niederländische Betriebsleiter. Auf einer Tafel steht aber, dass hier gerade Pestizide der gefährlichen Kategorie II versprüht werden, was eine mehrstündige Sperrung des gesamten Treibhauses zur Folge haben müsste.

Später erzählen die Arbeiter Richter in ihren armseligen Behausungen von gesundheitlichen Problemen durch die Pestizide. Und sie zeigen ihm ihre Lohnzettel. Sie strafen den Farmchef Lügen, der zuvor behauptet hatte, bei ihm verdiene jeder Arbeiter mindestens 45 Euro im Monat. Im Gegensatz zu den Züchtern, den Farmbetreibern, den Speditionen und Airlines sowie den Groß- und Einzelhändlern ist für die Arbeiter vom Naivashasee der Rosenanbau kein einträgliches Geschäft.

Es bleibt das Geheimnis der ARD, warum sie diese sehenswerte Dokumentation nicht im Ersten zeigt, sondern auf einen mäßig attraktiven Sendeplatz im Norddeutschen Fernsehen verbannt hat.

Die Rosen-Story heute NDR 22.30 Uhr